Ich, ich bin der HERR, und ausser mir ist kein Heiland.
Jesaja 43,11

«Ich, ich, ich …» Die drei Geschwister umringen die Oma,
ja führen regelrecht einen Tanz um sie auf. Alle recken den
Finger hoch, oder gleich beide Hände, denn je mehr die eine
den anderen verdrängt, abdrängt, desto besser. Alle wollen –
lautstark – … ich, ich, ich!
Kinder können so erfrischend selbstbewusst sein, ihre
Bedürfnisse in die Mitte stellen, in den Vordergrund schreien.
«Ich, ich, ich …» Einfach wunderbar.
Als Jugendliche habe ich gelernt, dass der Esel sich immer
zuerst nennt, und habe aufgehört, ein «ich» an den Satzanfang
zu stellen, wenn noch jemand anderes mitgenannt wird.
Als höflicher Mensch nennt man den anderen immer zuerst.
Komisch, dass mir das zuerst einfällt, als ich die Losung
lese und zur Oberlehrerin mutiere, die Gott gerade mal eine
Lektion Anstand beibringen könnte.
Bis …, ja, bis ich die Stelle im Jesajabuch lese und einsehe,
dass es genau darum geht. Dass es eben keinen anderen gibt!
Keinen Gott ausser Gott.
Ausser Gott ist kein Heiland.
Unsere menschlich-höflichen Anstandsregeln gelten hier
nicht und wahrscheinlich vieles andere, was uns so wichtig
und richtig erscheint, auch nicht.
Ich bin’s – und sonst keiner. Eigentlich ganz einfach. Und
einfach erfrischend wunderbar.

Von: Sigrun Welke-Holtmann