Gottes unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft
und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt,
wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken.

Römer 1,20

Gott ist da und nah und unsichtbar. Alles Unsichtbare
erkenne ich an seinen Spuren. Wo die Liebe hinfällt, ist meist
nicht zu übersehen. Aber noch nie habe ich die Liebe an sich
in Augenschein nehmen können. Wir merken, wenn jemand
etwas Neues anfängt auf Hoffnung hin, aber die Hoffnung
als solche habe ich noch nie in der Hand gehabt. Wir spüren,
wenn jemand Vertrauen gefasst hat, ohne dass ich es
aus der Tasche ziehen und auf Verlangen vorzeigen könnte.
Unsere Zeit ist Teil der Ewigkeit – andernfalls wäre die Ewigkeit
nicht ganz ewig –, aber beweisen kann diese Gewissheit
auch Paulus nicht.
Gottes Wirken erkennen wir Menschen nur an seinen Werken.
Aber nur, wenn wir nicht nur kurz gucken, sondern
wirklich hinschauen, aufmerksam beobachten. Wenn wir
nicht nur mit halbem Ohr etwas aufschnappen, sondern
horchen und genau hinhören. Wenn wir uns nicht nur kurz
rühren lassen, sondern mit dem Herzen bei der Sache sind,
mit Geduld für eine kleine Ewigkeit.
Wenn ich mit Kopf, Herz und Hand dem Geheimnis Gottes
auf der Spur bin und eben nicht «verstockt», wie das schon
die Propheten wenig schmeichelhaft nannten, dann habe ich
nicht plötzlich Antworten auf alle Fragen, aber ich sehe die
sichtbare Welt mit anderen Augen.

Von: Dörte Gebhard