Die neue Redaktorin Heidi Berner stellt sich vor:

Persönliches
Ich wurde am 13. August 1955 geboren und wuchs in Faulensee
am Thunersee auf. Nach der Schulzeit in Faulensee, Spiez
und Interlaken (Gymnasium) studierte ich in Bern Biologie.
Mein Spezialgebiet ist die Gewässerbiologie: In meiner Diplom-
und Doktorarbeit untersuchte ich die Populationsdynamik
von Rädertieren, kleinen mehrzelligen Planktonlebewesen
mit grosser Formenvielfalt.
An der Uni Bern lernte ich meinen Mann Peter kennen,
ebenfalls Gewässerbiologe. Seit 1986 wohnen wir in Lenzburg.
Wir haben drei Kinder und drei Enkelkinder.


Beruf
Nach dem Studium übernahm ich gewässerbiologische Aufträge.
Einerseits waren dies Bestandesaufnahmen der wirbellosen
Kleintiere in Fliessgewässern, andererseits seit über
zwanzig Jahren das Auszählen von Planktonkrebschen von
Neuenburger- und Murtensee im Rahmen eines umfassenden
interdisziplinären Kontrollprogramms (www.die3seen.ch).
Wegen meiner politischen Tätigkeit geriet die Biologie als
Erwerbszweig eher ins Hintertreffen. In den Lenzburger Neujahrsblättern
durfte ich, teils zusammen mit meinem Mann,
Artikel zur Natur in und um Lenzburg beisteuern, vorletztes
Jahr über den Aabach, einen Zufluss der Aare, und was darin
kreucht und fleucht.

Politik
Von 1994 bis 2017 war ich für die Evangelische Volkspartei
EVP politisch tätig: 1994 bis 2003 im Einwohnerrat (Gemeindeparlament),
1996 bis 2004 im Grossen Rat (Kantonsparlament)
des Kantons Aargau und 2004 bis 2017 im Stadtrat
(Exekutive) von Lenzburg. Im Stadtrat war ich die ganzen
vierzehn Jahre für das Ressort Soziales / Gesundheit zuständig.
Ich lernte in diesem Amt als Präsidentin der Sozial- und
der Einbürgerungskommission sehr viele Menschen von
Jung bis Alt mit ihren Geschichten kennen.
Im Rahmen des Stadtratsmandats war ich in diversen Trägerschaften
im Sozial- und Gesundheitsbereich und übernahm
von 2007 bis Mitte 2022 das zeitintensive Präsidium
der Trägerschaft unseres Alterszentrums. Freude bereitete
mir die Mitarbeit in der Redaktion der Hauszeitung «mülizytig
». Für dieses Blatt, das seit Dezember 2008 viermal
jährlich erscheint, werde ich weiterhin Beiträge schreiben.


Schreiben
Die Formenvielfalt von Rädertieren und Hüpferlingen, Kieselalgen
und Eintagsfliegen faszinierte mich bereits während
meines Biologiestudiums.
In einer kirchlichen Frauengruppe entdeckte ich später
eine ebenso reiche Welt, die oft im Widerspruch zu meinem
naturwissenschaftlichen Weltbild stand. Ich begann meine
Gedanken zu notieren und mit anderen zu teilen. So kam ich
schliesslich 2003 für fünf Jahre in die Redaktion des Aargauer
Kirchenboten.

Seit mehreren Jahren schreibe ich jeden Tag einen kleinen
Text. Es sind eine Art Tagebuch-Miniaturen. Oft dienen
mir diese Notate als «Steinbruch» für meine Bolderntexte.
Einige Beispiele finden Sie nachfolgend.
Auf wundersam verschlungenen Pfaden landete ich nämlich
2013 im Team der Bolderntexte. Die Losungen sind in
ihrer Fremdheit und Widerspenstigkeit inspirierend: Was
heisst das hier und heute? Für Gläubige und Ungläubige?
Im Jahr 2019 gewann ich im Schreibwettbewerb der Zürcher
Landeskirche zur Frage «was fehlt, wenn Gott fehlt?» den
zweiten Preis mit meinem Beitrag «Creux du Van».
Mit der Aufgabe als Redaktorin der Bolderntexte kann ich
meinem Lebenslauf ein weiteres spannendes Kapitel anfügen.

Einige Miniaturen

19. Mai 2012
Pfützen
Es gibt fast keine
Pfützen mehr.
Schade, denn
sie spiegeln uns ein
Stück Himmel
auf die Erde.
Nur Kinder sind
in der Regel
mutig genug
hineinzuspringen.

31. Oktober 2015
Oase
Begegnungen in der Oase,
Raum der Stille, Raum
für Stille. Zur Ruhe kommen,
allein und gemeinsam.
Sich darauf einlassen,
loslassen. Den Segen
weitertragen.
(… nach einem Treffen mit den Autorinnen und Autoren auf
Boldern)
Mittelteil

02. September 2018
Stille
Es ist sehr still
in der Kirche
in einer Sequenz
der Stille.
Eine Wohltat.
Die Worte haben
mich weniger
überzeugt.

29. Juli 2019
Glück

Aufgewacht nach kurzer
Siesta in der Hängematte,
einen Augenblick bloss
gewusst: So ist Glück.

08. Januar 2021
Zackenrädchen
Ich bin privilegiert.
Wer schon kennt
das Zackenrädchen?
Heute hundertfach
gesehen, bewundert,
gestaunt über die Form.
Wie ein Schmuckstück
sieht sie aus,
diese Algenkolonie.
Dem blossen Auge
verborgen, nur sichtbar
unter dem Binokular.
Am 9. September 2020
hat es Tausende
dieser natürlichen
Kunstwerke
im Neuenburgersee.

08. Dezember 2021
Werkeln

Das Werkeln mit Texten
ist erfüllend und schön.
Es ist, wie wenn ich
Lehm in den Händen hätte.
Sprache zum Formen.

23. Januar 2022
Zählen

«Weisst du, wie viel Sternlein stehen» –
dieses Lied sollen sie dann einmal
singen, wenn sie mich verabschieden.
Das habe ich mir heute gedacht
beim Plankton-Zählen.
Auf jeden Fall weiss ich, wie viele
Wasserflöhe und Hüpferlinge
im Neuenburgersee waren, natürlich
nur als Stichprobe vom 22. Juli 21.
Die ganze grosse Zahl kenne ich
natürlich nicht, niemals. Da kann ich
zählen, so lange ich will.

26. Juni 2022
Messer

Wieder mit dem Messer
am Hals einige Texte
fertig geschrieben.
Geht doch.
Die Haut ist noch intakt.

15. Dezember 2022
Käthi
Keine Antwort
auf meine Mail
von heute Morgen.
Sonst war sie immer
so schnell.
Kurz vor neun Uhr
abends dann
eine Nachricht
vom Sohn.
Sie sei gestorben
in der Nacht vom auf den 14.
Traurig.

Von: Heidi Berner