Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie
ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und
euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn
nicht viel kostbarer als sie?
Matthäus 6,26

Manchmal macht mich unser Land wütend und traurig. Für
geflüchtete oder für arme Menschen gibt es wenig Solidarität
auf Augenhöhe. Es fehlt an Mechanismen zur gerechten
Verteilung von Lebenschancen, Geld und Zukunftshoffnung.
Es fehlt an Bewusstsein, dass im Leben eben nicht allen die
Voraussetzungen geschenkt sind, säen, ernten und vorsorgen
zu können.
Aber auf gewisse Dinge bin ich stolz: so auf die schweizerische
AHV, die Alters- und Hinterlassenenversicherung. Die
Scheune, in der gesammelt wird, was dann unter allen über
65-Jährigen verteilt werden kann, wird von jenen gefüllt, die
das Glück haben, arbeiten beziehungsweise andere gegen
Geld arbeiten lassen zu können. Die AHV macht ein klein
wenig erfahrbar, was solidarisches Leben meint: Niemand
braucht sich um das eigene Leben und den morgigen Tag
zu sorgen. Alle tragen zur Sorge für das Ganze bei, und zum
Ganzen zählen auch die Vögel am Himmel und die Lilien
auf dem Feld. In der frommen Sprache von Matthäus heisst
der Versuch kollektiver Fürsorge: trachten nach dem Reich
Gottes.

Von: Matthias Hui