Viele Propheten und Gerechte haben sich gesehnt, zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört und haben es nicht gehört.
Matthäus 13,17

Glauben ist ein dehnbarer Begriff. Jede und jeder von uns bringt die eigene Erfahrung ins Spiel. Für mich bedeutet Glauben nicht etwas Statisches, sondern eher eine unaufhörliche Auseinandersetzung mit einer Sehnsucht, einem Sehnen nach etwas, das wir umso schmerzhafter spüren, je mehr es uns mangelt. Es ist da, und gleichzeitig fehlt es. Es ist wie ein kaltes Feuer, das entzündet werden möchte, aber es brennt ja schon!
Es brennt, aber es wärmt noch nicht.
Wir warten noch auf die Erfüllung dieser immerwährenden Sehnsucht, die Menschen seit jeher mit sich getragen haben und für die sie keinen Namen oder vielleicht überwältigend viele Namen haben. Aus diesem Gefühl der Sehnsucht nach Verbundensein haben viele Prophetinnen und Propheten grosse Kraft und Inspiration für ihr Leben geschöpft.

Sehnsucht weist in die Zukunft: Sie verbirgt und enthüllt gleichzeitig: Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden. Und doch zeigt es sich schon überall, wie die Schönheit eines gerade erst geborenen Menschenkindes. Wenn die Geduld gross genug sein wird, sehen und hören die Prophetinnen und Propheten schlussendlich doch etwas im Durcheinander verschiedener Geräusche.

Von Reinhild Traitler