Der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht am Morgen, das immer heller leuchtet bis zum vollen Tag. Sprüche 4,18

Eine glanzvolle Laufbahn ist den «Gerechten» verheissen. Sie sind Vorbilder in der Tradition der biblischen Weisheitsschriften. Der Gerechte geht den Weg der Tora in Freude und Treue, sie ist ihm Orientierung, ja Lebenssinn. Was die Bibel als eine Lichtgestalt darstellt, kommt mir eher verdächtig vor: Sind das nicht Blender? Religiöse Streber? Selbstgerechte, die glauben, keine Fehler zu machen?

Selbstgerechte, das sind die, die wissen, dass sie auf der richtigen Seite sind. Wie ich das ja auch weiss. Aber Ironie beiseite: Mir ist es unheimlich, dass das jetzt plötzlich keine Gültigkeit mehr haben soll, was ich seit meiner Kindheit gelernt habe, manchmal durch Beschämungen und Blamagen. Nämlich, dass ich in Konflikten die Frage nach den Erfahrungen und Gründen der Gegenseite stelle und zu verstehen versuche. Das bedeutet nicht unendliche Verständnisbereitschaft, auch nicht, dass es keine Kriterien für «gerechte Gerechtigkeit» gibt. Ich empöre mich über das Unrecht, das in der Ukraine geschieht – und gleichzeitig ist mir die gegenwärtige allgemeine Einigkeit über Gute und Böse suspekt.

Wo ist da der Weg von Gottes Gerechtigkeit, der herauszuführen vermag aus Gewalt und Gegengewalt, hin zu Verzeihung und Versöhnung?

Von Käthi Koenig