Wenn der HERR nicht die Stadt behütet, so wacht der Wächter umsonst.                       Psalm 127,1

Deutlicher kann eigentlich der Kontext nicht beschrieben werden, in den all unser Tun und Lassen einzuordnen ist. Der Psalm verweist auf unser gesamtes Sozialwesen, Familie, Haus, Arbeit. Dies alles ist wichtig und doch nichts, wenn Gott es nicht behütet, bewacht und umsorgt. Eine starke Botschaft, denke ich, in einer Zeit, in der so viele Menschen sich die Verantwortung für das eigene Tun nicht aus der Hand nehmen lassen wollen. Ich muss dabei an die Vereidigung der neuen deutschen Regierung denken. 2021 kam diese scheinbare «Selbstverantwortung» darin zum Ausdruck, dass mehrheitlich beim Amtseid auf die «Bezugsformel» «so wahr mir Gott helfe» verzichtet wurde. Es erinnert an so manches, was zum Kontext dieses Psalms gehört: Selbstherrlichkeit, religiöse Beziehungslosigkeit und das Bewusstsein davon, dass allein eigene Rationalität zählt.

Dies gab es wohl auch zu Salomos Zeiten. Deshalb betont der Psalm, dass all unser Tun der Verortung in der Allsorge Gottes bedarf. Der Sorge für die Schöpfung, dem Beziehungsgeflecht, von dem wir Teil sind. Auch dann, wenn sich der Mensch dieser Teilhabe nicht mehr bewusst ist. Denn dann gleicht der Mensch dem Wächter, der hütet und dem doch die Aufgabe misslingt, wenn nicht letztlich Gott, wie der gestrige Text sagte, mit Gerechtigkeit und Allsorge den Schutzrahmen stellt.

Von Gert Rüppell