Schlagwort: Hans Strub

17. März

Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die geblieben sind als Rest seines Erbteils; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er hat Gefallen an Gnade! Micha 7,18

Die letzten gut zehn Verse des Michabuchs sind ein Dankgebet. Gedankt wird Gott dafür, dass er trotz allem «Sünden vergibt und Schuld erlässt» – nachdem dieser Prophet in mehreren Anläufen dem Volk in und um Jerusalem vorgerechnet hat, was es alles falsch gemacht und womit es sich Gottes Zorn und alle Strafen zugezogen habe. «Ich werde die Wut des Herrn ertragen, denn ich habe gesündigt gegen ihn (…), aber er wird mich hinausführen an das Licht, ich werde seine Gerechtigkeit sehen!» (Vers 9) Eine wundervolle Aussage, an die der heutige Satz eigentlich direkt anschliesst: Nicht die Strafe ist das Letzte, nicht das Unheil oder gar der Untergang – diese Szenarien kommen bei Micha durchaus vor –,
sondern der vergebende Gott will Neuanfänge ermöglichen! Er hat «Gefallen an Gnade»! Wir können diesen Satz und die ihn umgebenden Sätze in unseren Tagen nicht oft genug lesen und hören: Gott wird seiner Welt Auswege aus chaotischen Zuständen, aus Zorn und Hoffnungslosigkeit auftun. Darum wird hier gebetet, darum können alle Menschen in aller Welt beten und bitten. Gott wird, so macht der alte Prophet hier deutlich, darauf hören, weil er ein Gott des Lebens – und der Gnade ist! Damals wie heute!

Von: Hans Strub

16. März

Ich sprach, als es mir gut ging: Ich werde
nimmermehr wanken. Aber als du dein Antlitz
verbargst, erschrak ich.
Psalm 30,7.8

Ich verstehe ihn. Eine Krankheit untergräbt manchmal das Selbstbewusstsein, wie hier bei dem Menschen, der von seiner Krankheit genesen war. Rückblickend stellte er fest, dass die Krankheit – wir erfahren nicht, um welche es sich gehandelt haben könnte – ihn tief erschüttert hatte. Auch spirituell, denn er empfand sie als eine unerwartet gottferne Zeit. Er sei heftig erschrocken, als ihn seine Kräfte verliessen – und er sich auch von Gott verlassen fühlte. Er nahm das so wahr, dass Gott ihm zürnte. Sein Gebet imponiert mir – er «rechtet» mit Gott und kämpft um dessen erneute Zuwendung (Verse 9–11). Und Gott lässt sich auf diese Form von Gebet tatsächlich ein und macht ihn gesund (Verse 12 und 13)! Im Erschrecken erkennt er, wie sehr er auf Gottes Gnade und Erbarmen angewiesen ist. Darum ringt er dann – erfolgreich. Er musste erfahren, dass alle seine Stärken und Kompetenzen plötzlich sehr eingeschränkt waren. Dass er, der sich kraftvoll und mächtig gesehen hatte, im Nu fallen könnte. Umso tiefer seine (meine?) Dankbarkeit, als er merkte, dass Gott ihn auffängt. «Denn sein Zorn währt einen Augenblick, ein Leben lang seine Gnade; am Abend ist Weinen, doch am Morgen ist Jubel.» (Vers 6) Das ist sein Jubel, der bis zu mir und uns erschallt: Gott ist da und hört auf meine Notrufe. Ich kann mit Gott reden, wie mir zumute ist. Er verlangt nicht irgendwelche Formen, nur Offenheit!

Von: Hans Strub

17. Februar

Von deiner Wahrheit und von deinem Heil rede ich, HERR. Ich verhehle deine Güte und Treue nicht vor der grossen Gemeinde. Psalm 40, 11

Der Kollege, der gestern in einem eindrücklichen Gottesdienst zum «gerechten Frieden» eindringlich und laut predigte, tat genau das: Er redete vor einer durchaus grossen Gemeinde von «Gottes Güte und Treue». Er benannte die gegenwärtigen geopolitischen Bedrohungen und stellte ihnen die «Zusagen des Ewigen» gegenüber. Sein eigenes Vertrauen in ihn sprach er klar aus. So überzeugend und so direkt, dass viele aus der Gemeinde mehrfach zustimmend mit dem Kopf nickten und dem Gesagten zustimmten. Offensichtlich waren sie dankbar, dass so zuversichtlich eine Zukunft des Friedens in Wort und Ton und Gestus geradezu «beschworen» wurde. Der Psalmsänger von heute, so scheint es, will von seiner Erfahrung vom «Ausbruch des Friedens» so reden, dass viele es hören – und dadurch auch darauf vertrauen, «dass du, Gott, mir dein Erbarmen nicht verschliessen wirst und deine Güte und Treue mich immer behüten werden». Gestern wurde uns das gesagt!
Das habe ich nötig von Zeit zu Zeit, jetzt besonders. Und wenn es mich berührt hat, dann kann ich es auch anderen weitersagen. Gott ist ein Gott des Friedens, im Kleinen wie im Grossen. Und Gott gibt Kräfte, an ihrem/seinem Kommen zu arbeiten. Weil sie/er das will. Für alle!

Von: Hans Strub

16. Februar

Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug
dem Unvermögenden.
Jesaja 40,29

Ab diesem Kapitel des Jesajabuchs beginnt offensichtlich eine spätere Weiterführung in Jesajas Namen. Sie ist durchzogen von einem ganz anderen Grundton: Jetzt wird dem kürzlich aus dem babylonischen Exil zurückgekehrten Volk eine Zukunft unter Gottes Schutz und Begleitung zugesagt. Nicht mehr stehen Ermüdung und Abwendung von Gott im Fokus, sondern die Kraft, die ihm neu geschenkt ist, eine neue Stärke, die es ihm möglich macht, Gottes Güte und unbedingte Zuwendung wahrzunehmen.
Viele von uns heute kennen das: ausgelaugt und müde zu sein, sich einer Sache nicht gewachsen zu fühlen. Die einen sehnen sich nach Zuwendung, die andern vermögen sie kaum zu erkennen und ebenso wenig zu schätzen. Aber wie auch immer – der (hier namenslose) Prophet bringt Gottes Wort zum Volk: Ihr könnt auf Gott vertrauen, er steht zu euch. Ihr könnt einen neuen Anfang eurer Beziehung zu ihm starten, Gott ist bereit dafür und will sich ohne jeden Zweifel an eure Seite stellen. «Der Fülle an Kraft wegen, und weil er vor Kraft strotzt, geht kein Einziger verloren. (…) Er ermattet nicht und wird nicht müde, seine Einsicht ist unerforschlich.» (Verse 27–28) Diese Worte gehen dem heutigen Vers unmittelbar voraus; sie zeigen in unmissverständlicher Deutlichkeit, dass Gottes Liebe nicht nur generell gilt, sondern jeder und jedem! Immer.

Von: Hans Strub

Mittelteil Januar / Februar

Gedanken zur Jahreslosung von Hans Strub

Prüft alles und behaltet das Gute! 1. Thessalonicherbrief 5,21

«Heb der Sorg! Und bhüeti Gott!» So sagte meine Grossmutter
oft beim Abschied. Die vertrauten Wünsche taten
gut. Aber je älter ich wurde, desto weniger verstand ich, was
damit gemeint sein sollte. Anders als im «Behüte dich Gott»,
mit dem ich dem Schutz einer anderen, höheren Instanz
anbefohlen wurde, erhielt ich mit dem ersten Satz einen,
wie mir schien, unmöglichen Auftrag: Was war eigentlich
gemeint? Wie könnte ich das selber bewirken für mich? Es
dauerte einige Zeit, bis ich merkte, dass mir damit nicht nur
Verantwortung für mein eigenes Leben übertragen, sondern
auch die Freiheit zugesagt wurde, mit ihm zu machen, was
mir geeignet oder tauglich schien für meine Gegenwart und
Zukunft. Ich bin zugleich schutzbedürftig und selbstverantwortlich.
Ich darf mit Gottes Behütung rechnen, und ich
darf, nein, ich muss! auch für mich selbst sorgen.

Die Quelle
Am Ende des ältesten überlieferten Paulusbriefs (und damit
des ältesten Textes im Neuen Testament!) stehen vor den
Grussworten einige knappste Sätze, die sich wie eine Zusammenfassung
von Verhaltensweisen lesen, die sich aus dem
neuen Glauben ergeben, der im Leben, in den Handlungen
und den Worten des Jesus von Nazareth gründet. Von ihm
Mittelteil
ist Paulus bekehrt worden – nun wird aus dem Bekehrten
der leidenschaftliche Verkünder seiner Taten und Reden. An
die kürzlich gegründete Gemeinde in Saloniki (Griechenland)
schreibt er:
«Freut euch immer, hört nicht auf zu beten, sagt Dank in
jeder Lage, denn dies will Gott von euch in Christus Jesus.
Löscht die Geistkraft nicht aus, verachtet Prophezeiungen
nicht, doch prüft alles und behaltet das Gute. Haltet euch
vom Bösen fern, wie auch immer es aussieht!» (Übersetzung
aus «Bibel in gerechter Sprache» und «Basisbibel»)


Das Gute
Das Gute (griechisch: to kalón) meint das, was für mich
taugt, was meinem Leben gleichzeitig Boden und Zukunft
geben kann. Was zu mir passt, für mich also geeignet ist, gut
ist für das Eigene, was meiner äusseren und inneren Lebensform
entspricht, was meine «persona» (so, wie ich bin im
umfassenden Sinn) unterstützt und fördert. Das also, was
ich brauche, um so zu leben, wie es in mir angelegt ist und
wie ich es mir angeeignet und damit zu einem integralen,
unablösbaren Teil meines Selbst gemacht habe.


Prüfen
Das kommt mir aber nicht automatisch zu, von selbst, von
aussen oder vom Himmel geschickt, sondern da werde ich
nun eingeladen (oder noch mehr: aufgefordert, gar herausgefordert),
alles, was um mich ist, was auf mich zukommt,
was mir attraktiv erscheint, was mich begeistert … genau
anzuschauen, zu erwägen, eben zu «prüfen» (griechisch:
dokimázete). Also nicht spontan, ohne nachzudenken etwas
nehmen und mir zu eigen machen, mich etwas hinzugeben,
für das ich später Begründungen finden muss, die mir selber
nicht mehr klar werden, zum Beispiel einer Sache, einer verlockenden
Aufgabe, einer politischen Idee oder einer auf den
ersten Blick schlüssigen Theorie. Das «Prüfen» ist zweifellos
ein wichtiger Vorgang, aber auch ein oft zu schwerfälliger,
der mich geradezu am Leben hindert.


Behalten
Da kommt mir das andere Verb im kurzen Satz entgegen:
«behaltet» (griechisch: katéchete). Es hat für mich einen liebevollen,
entgegenkommenden, entlastenden Oberton: Haltet
das, was sich beim Prüfen als Ergebnis ergeben hat, erst
einmal fest – und testet es aus. Beobachtet genau, wie es bei
euch und in euch, auf euch und durch euch wirkt. Nehmt es
als vorläufige Orientierung und schaut, ob es wirklich taugt.
Seid dabei aufmerksam und selbstkritisch und seid ehrlich
bereit, allfällige Unstimmigkeiten, Ungenauigkeiten festzustellen
und zu verändern (im Unterricht in Chemie und
Physik habe ich gelernt, dass das Experiment immer recht
hat!). Das bedeutet dann halt, den ganzen Prozess erneut
zu starten und durchzuziehen, auch wenn’s mühsam ist …

Für alle
Ein Weiteres kommt hinzu: Erst im letzten Abschnitt habe
ich das Briefzitat wirklich wörtlich genommen: Es ist im
Plural geschrieben und an die junge Gemeinde in Thessalonich
gerichtet. Es passt durchaus auch auf jede/jeden Einzelnen,
aber hier spricht Paulus ganz klar von «ihr/euch».
Das heisst, dass der beschriebene Prüfprozess als Gemeinde,
als Gemeinschaft durchlaufen werden soll – die gewählten
Verbformen sind eindeutige Imperative und meinen, dass
das zu einer Gemeinde in der Nachfolge Christi gehört.
Fast alle Anweisungen im Alten und im Neuen Testament
sind im Plural formuliert, zentrale Beispiele sind die Zehn
Gebote oder das Unservater. Der Glaube, von dem die ganze
Bibel spricht, ist kein individualistischer, sondern er ist auf
die Gemeinschaft der Glaubenden gerichtet. Und darüber
hinaus letztlich auf alle anderen und auf die ganze Welt.
Wenn in der Jahreslosung vom Prüfen und Behalten die
Rede ist, dann geht das also weit über das Persönliche hinaus;
es ist eingeschlossen und mitgemeint, aber die Anforderungen
und Herausforderungen erschöpfen sich nicht darin. Sie
betreffen das Leben aller Menschen (im ersten Testament
steht dafür sehr oft der Begriff «Volk»), wo immer sie auch
sind, was immer sie auch beschäftigt, wo immer auch Armut
herrscht oder Ungerechtigkeit oder Krieg. Das ist immer
etwas, das die ganze Gemeinde betrifft.


Für heute
Oder für heute übersetzt: alle Kirchen und Gemeinschaften
von Menschen, die ganze Politik. Es gibt keine Bereiche, die
nur bestimmte Gruppen etwas angehen. Im «ihr/euch» sind
immer alle dabei. Hunger oder Krieg gehen alle etwas an.
Und alle sind aufgerufen, hier das Rechte zu tun!
Politisches Denken ist den Glaubenden genauso aufgetragen
wie diakonisches Handeln gegenüber den Schwachen
der ganzen Gesellschaft.


Wünsche
«Heb der Sorg! Und bhüeti Gott!»
Die eingangs wiedergegebenen Wünsche auf den Weg sind
zwar individuell adressiert, aber eigentlich stehen sie in
einem viel weiteren Rahmen.
«Hebed euch Sorg!» und «Bhüet euch Gott!»
So betreffen die Wünsche den Weg der ganzen Gesellschaft
dieser Welt. Uns allen ist Gottes Schutz zugesagt, uns allen
kommt die Aufgabe zu, zu prüfen, was für alle jetzt gut und
tauglich ist, damit die Welt eine gute Zukunft hat!
Auf ein gutes Jahr!

Von: Hans Strub

17. Januar

Eines jeden Wege liegen offen vor dem HERRN. Sprüche 5,21

«Gott sieht alles von dir!» war ein gern gebrauchter Spruch meiner verehrten Grossmutter. Das ängstigte den kleinen Buben nicht etwa, sondern es schien ihm völlig normal; so wurde ihm von Gott erzählt. In Vers 23 wird in diesem Zusammenhang von fehlender Unterweisung gesprochen, was ein lebensbedrohlicher Mangel sei. Denn um einen alle menschlichen Vorstellungen übersteigenden Gott zu wissen, sei notwendig für einen guten und «richtigen» Lebenswandel. Dazu gehört, wie in den vorangegangenen Versen eindrücklich mit dem Bild vom Fremdgehen (Verse 1–20) illustriert wird, den eigenen Wurzeln und den Quellen der eigenen Kultur treu zu bleiben. Also konkret dem lebendigen Gott, dem Schöpfer allen Lebens. Und dem, welcher über jeden Lebensweg wacht. Nicht mein individuelles Fehlverhalten soll sanktioniert werden: Gott will nicht, dass ich mich an untauglichen Lebenslehren orientiere oder an vermeintlich attraktiven Gottheiten zugrunde gehe. Dadurch, dass Gott jeden Lebensweg kennt, wird keine Drohung aufgerichtet, sondern Gottes Sorge um jedes Menschenleben zum Ausdruck gebracht. Lasst euch nicht verführen von irgendwelchen Weisheiten! Kümmert euch vielmehr, Gottes Weisheit zu erfahren und diese Erkenntnis für eine Lebensgestaltung zu nutzen, die seit ewig gültig ist! So auch für mich und dich und euch! Darin besteht die lebensspendende Unterweisung (Vers 23).

Von: Hans Strub

16. Januar

Alle hoffärtigen Augen werden erniedrigt, und
die stolzen Männer müssen sich beugen; der HERR
aber wird allein hoch sein an jenem Tage.
Jesaja 2,11

«Warte nur – es kommt der Tag, an dem sie büssen müssen für alle Ungerechtigkeit!» So sagte meine Grossmutter, wenn ich ihr klagte, wie böse eben wieder einige Schulkameraden mit dem Beat vom Talhof umgegangen waren. Ich stellte mir diesen Tag damals in schrecklichen Farben vor. Und durchaus mit gemischten Gefühlen, neben Angst war da auch eine gewisse Schadenfreude …
Von einem solchen Tag, dem «Tag des Herrn», ist hier und an etlichen Stellen in der Bibel die Rede. «Sich beugen» müssen sich dann nicht unflätige Schüler, sondern all jene, die ihren Halt im Leben bei Götter- oder Gottesbildern suchen, die sie selbst geschaffen haben – weil sie ihnen dienlich sind und sie in ihrem selbstgefälligen Lebenswandel unterstützen und rechtfertigen. Es ist eine heftige Drohung, die hier gleich am Anfang des langen Jesajabuchs formuliert ist. Und es folgt keine rasche Beruhigung, im Gegenteil: «Vergib ihnen nicht», bittet der Prophet (Vers 9b). Deutlicher kann er die Unbedingtheit seiner Verkündigung nicht ausdrücken. Es ist der dringliche Ruf nach Umkehr, nach Zuwendung zum lebendigen und Leben schenkenden Gott, weg von allen mir selbst genehmen Vorstellungen und Prinzipien. Gott will nicht nur der Grösste und Einzige sein – er ist es auch und verschafft sich Nachachtung!
Noch können wir uns besinnen.

Von: Hans Strub

4. Dezember

O dass du auf meine Gebote gemerkt hättest,
so würde dein Friede sein wie ein Wasserstrom und
deine Gerechtigkeit wie Meereswellen.
Jesaja 48,18

Obwohl sie die politische Möglichkeit haben, zögern etliche
der in dritter Generation sesshaft und offenbar auch wohlhabend
gewordenen Menschen im Lande Babylon, nach
Jerusalem zurückzukehren. Sie zeigen nach aussen einen
Gottesglauben, auch wenn sie sich innerlich davon abgewandt
haben. Das wirft ihnen der lebendige Gott vor: Hättet
ihr doch auf meine Gebote achtgegeben …! Weil sie das nicht
getan haben, haben sie es (zumindest vorläufig) verpasst,
am Frieden und an der Gerechtigkeit Anteil zu bekommen,
die er allen im Land Israel zugesagt hat. Und es auch verpasst,
für andere zu einem Zeichen des Friedens und der
Gerechtigkeit zu werden. Am Ende des Kapitels kommt’s
noch deutlicher: Es wird keinen Frieden geben für Frevler,
also für Leute, die sich bewusst Gott widersetzen (Vers 22).
Das ist eine Anmahnung, aber sie lässt Raum zur Veränderung.
Wenn die Angesprochenen sich bewusst werden,
dass ihnen die Rückkehrmöglichkeit ausschliesslich wegen
Gottes Güte und Barmherzigkeit eröffnet wurde, wird Gott
sie annehmen und auch ihnen seine neue Zukunft geben.
Mit den Worten «Wasserstrom und Meereswellen» werden
die Menschen, welche in einem Wüstengebiet leben, daran
erinnert, wie Gott eben ist: grosszügig und vergebend. Zu
jeder Zeit, gestern und heute und morgen.

Von: Hans Strub

3. Dezember

Samuel sprach zu Saul: Der Geist des HERRN
wird über dich kommen; da wirst du umgewandelt
und ein anderer Mensch werden.
1. Samuel 10,6

Ein neues Amt mache aus dem Amtsträger einen neuen
Menschen, sagt der Volksmund. Die neue Verantwortung
verwandle jemanden und mache ihn … Hier können nun
verschiedenartigste Wörter stehen: lebendiger, besser, grosszügiger,
zugewandter; oder aber: härter, rechthaberischer,
gewalttätiger …
Natürlich ist die erste Reihe wünschenswert, wir wissen
aber, wie leider auch die zweite real ist. Wer in eine leitende
Stellung gewählt (oder erwählt) wird, muss sich bewusst
sein, dass ihn die Menschen, die ihn bisher kannten, neu
wahrnehmen und auch beurteilen. Genau das wird im Kapitel
10 dargestellt: Samuel salbt den neuen, herbeigewünschten
König über Israel und dann lässt er ihn öffentlich bestätigen.
Wir wissen aus dem Fortgang der Geschichte, dass Saul
seinem neuen Amt letztlich nicht gewachsen war (was in
Vers 22 fast etwas verschmitzt «vorweggenommen» wird).
Und dies, obwohl ihm Samuel zuspricht, dass er unter Gottes
Geist stehen werde. Das bewahrt ihn aber nicht davor, aus
seinem Amt etwas zu machen, das nicht gut ist. Die «Verwandlung
» für und durch ein neues Amt nötigt dazu, sich
mit aller Kraft für das Wohl der unterstellten Menschen
einzusetzen. Die Salbung/Wahl nimmt in die Pflicht, damals
wie heute. Gottes Geist unterstützt, aber er braucht mein
Wirken. Auch heute.

Von: Hans Strub

11. November

Die Israeliten werden umkehren und den HERRN, ihren
Gott, suchen, und werden mit Zittern zu dem HERRN
und seiner Gnade kommen in letzter Zeit.
Hosea 3,5

«… und den Herrn, ihren Gott, suchen. Und in fernen Tagen
werden sie zitternd zum Herrn kommen und zu seiner
Güte.» Die Zürcher Übersetzung lässt noch etwas deutlicher
diese schwache Spur einer positiven Entwicklung des
Volkes am Horizont erahnen. Vorher aber wird Israel (Hosea
meint das abgespaltene Nordreich, das 722 endgültig aus
der Geschichte getilgt wird) wegen seines Abfalls von Gott
und der Zuwendung zu anderen Göttern Schweres erleiden
müssen. In den folgenden Kapiteln werden die Gottesstrafen,
die über die Menschen kommen, präzis benannt
und in ihrer ganzen Heftigkeit beschrieben. In der Düsterkeit
seiner Reden an das Volk hat es ein paar kleine «Wolkenlöcher
», durch die etwas Himmelsblau wenigstens kurz zu
sehen ist. Gott hat sein Volk nicht einfach ganz verlassen –
eine Rest-Hoffnung bleibt ihm. Und an die können sich die
Menschen klammern … In einer verdunkelten Welt haben
solche «Durchblicke auf Zukunft» eine sehr hohe Bedeutung.
Auch der ziemlich unbarmherzige Prophet lässt ein
Stück Hoffnung zu. Er zeigt aber ebenso deutlich, dass das
Volk gut daran tut, die Nähe Gottes intensiv zu suchen. Gott
lässt sich finden, auch wenn es manchmal anstrengend ist.
Das zu hören, ist wichtig, gerade in Zeiten wie jetzt: Auch da
leuchtet Gottes Gnade oft durch Wolkenlöcher.

Von: Hans Strub