HERR, zeige uns deine Gnade und gib uns dein Heil!
Psalm 85,8

Was meint das Wort chäsäd, das hier mit Gnade, besser
aber mit Güte übersetzt wird? Ein Beispiel findet sich in den
Erzählungen über Josef. Er sitzt im Gefängnis und lernt dort
einen Mitgefangenen kennen, den Obermundschenk des
Pharao. Dieser erzählt einen Traum, und Josef gibt ihm eine
hoffnungsvolle Deutung. Er werde in drei Tagen aus dem
Gefängnis entlassen und könne sein Amt wieder übernehmen.
Josef schliesst eine persönliche Bitte an: «Aber denk
an mich, wenn es dir wieder gut geht. Tu mir bitte einen
Gefallen. Ruf mich beim Pharao in Erinnerung und hilf mir,
dass ich das Gefängnis verlassen kann.» (1. Mose 40,14) Güte
ist eine gegenseitige Solidarität in einer Beziehung. «Tu mir
bitte einen Gefallen.» Güte zeigt sich darin, dass jemand
dem anderen etwas zuliebe tut. Sie geht über das hinaus,
was eine selbstverständliche Pflicht wäre. Güte ist die Bereitschaft,
für einen anderen da zu sein, der es nötig hat. Güte ist
aber nicht garantiert, und Josefs Bitte wird enttäuscht: «Der
Obermundschenk dachte nicht mehr an Josef und vergass
ihn.» (1. Mose 40,23)
Anders ist es, wenn die Bibel mit dem Wort Güte von Gott
spricht. «Danket dem HERRN, denn er ist gut. Ja, für alle Zeit
ist seine Güte.» (Psalm 136,1) Mit diesem Vertrauen bittet
der Losungsvers: «Lass uns, HERR, deine Güte sehen und
gib uns deine Hilfe.»

Von: Andreas Egli