Die Israeliten sprachen zu Samuel: Lass nicht ab,
für uns zu schreien zu dem Herrn, unserm Gott,
dass er uns helfe.
1. Samuel 7,8

Wann haben Sie das letzte Mal jemanden gebeten, sie oder er möchte doch bitte für Sie beten? (Ich hoffe nicht, dass jemand für sie hätte zu Gott schreien müssen!)
Wir lernen, es sei erstrebenswert, möglichst autonom zu sein. Freiheit heisst für uns: «Ich kann tun und lassen, was ich will.» Sogar die klassische Einschränkung, dass die Freiheit meiner Nächsten meiner Freiheit eine Grenze setze, wird inzwischen von manchen in Frage gestellt.
Und so ist der Verlust der Unabhängigkeit für viele Menschen in unserem Land etwas vom Schlimmsten, was sie sich vorstellen können. Entsprechend schwierig wird es, wenn sie –
wie viele alte Menschen es erleben – nicht mehr die Kraft haben, ein unabhängiges Leben zu führen, sondern angewiesen sind auf die Unterstützung und Betreuung durch andere.
Wir Menschen sind von Anfang an auf Gemeinschaft, auf gegenseitige Abhängigkeit angelegt. Wir sind aufeinander angewiesen. Wie erbärmlich wäre mein Leben, wenn ich es allein und aus eigener Kraft leben müsste. Wie gut, dass ich Verwandte, Nachbarinnen, Freunde, Kollegen habe, denen ich nicht egal bin und die umgekehrt mir nicht gleichgültig sind. Und was für ein Privileg, dass wir füreinander beten können.

Von: Benedict Schubert