Jesus spricht: Wenn ihr meine Gebote haltet,
bleibt ihr in meiner Liebe, so wie ich meines Vaters
Gebote gehalten habe und bleibe in seiner Liebe.
Das habe ich euch gesagt, auf dass meine Freude
in euch sei und eure Freude vollkommen werde.
Johannes 15,10–11
Jesus spricht von «meinen Geboten». Was meint er? Hat er
eigene? Jenseits der Thora? In meinem Konfspruch spricht
Jesus von einem «neuen» Gebot (Johannes 13,34): «Ein neues
Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander so liebt, wie
ich euch geliebt habe.» Jesus spricht auch von den Geboten
seines Vaters. Er akzentuiert die Perspektive. Die Liebe ist
Voraussetzung und Ziel der Gebote. Die Gebote sind nicht
Selbstzweck, sondern dienen der Liebe.
Einverstanden. Die Liebe ist Voraussetzung und Ziel der
Gebote. Aber was ist die Liebe genau? Mir fällt es schwer,
dieses so oft gebrauchte Wort kommentarlos stehen zu lassen.
Ist die Liebe ein Gefühl? Ist die Liebe eine Entscheidung?
In einem Gedicht von Reiner Kunze, das mich seit ein paar
Jahren begleitet, ist die Liebe Sehnsucht:
Du weisst zur Stunde ihn an fernem Ort.
Mit dem Verstand begreifst du seine Ferne.
Es liegen zwischen dir und ihm ein Himmel Sonne
und ein Himmel Sterne.
Und doch trittst du ans Fenster – immerfort.
Von: Lars Syring und Chatrina Gaudenz