Die zum Frieden raten, haben Freude. Sprüche 12,20

Wieder so ein Satz, welcher dermassen selbstverständlich
daherkommt, dass ich mir dazu zunächst kaum Gedanken
machen kann. Eine Kalenderblattweisheit, irgendwie banal.
Dass die «weisheitliche» Literatur in einigen alttestamentlichen
Büchern nicht gerade den Ruf grossen theologischen
Tiefsinns geniesst, ist mir ja manchmal in den Kommentaren
begegnet und kommt mir hier wieder in den Sinn.
Der Haken liegt eben beim deutschen Wort «Frieden».
Vordergründig fällt mir bei «zum Frieden raten» etwa ein:
Lasst das Streiten, haltet still, tragt eure Konflikte nicht aus.
Dagegen steht nun aber der Grundsatz «kein Frieden ohne
Gerechtigkeit», und Gerechtigkeit muss erstritten werden.
Frieden als Verzicht auf diesen Streit zementiert Ungerechtigkeit.
Darum ist «Frieden» nicht die Abwesenheit von
Streit und gar Krieg, sondern ist am hebräischen «Schalom»
zu messen. Dieser Frieden ist umfassend, er schliesst Wohlergehen
und gute, gerechte Verhältnisse mit ein, ist Frieden
in Gerechtigkeit. Wer zu diesem Frieden rät, und zwar nicht
nur dazu rät, sondern sich für seine Verwirklichung einsetzt,
wer zur Gerechtigkeit rät, wer raten und überlegen hilft,
wie Gerechtigkeit werden kann, der hat nicht nur Freude,
sondern macht Freude, macht die Welt ein bisschen besser.
Da pacem, Domine, in diebus nostris – Gib Frieden, Herr, in
unseren Tagen.

Von: Andreas Marti