Ich sprach, als es mir gut ging: Ich werde
nimmermehr wanken. Aber als du dein Antlitz
verbargst, erschrak ich. Psalm 30,7.8
Ich verstehe ihn. Eine Krankheit untergräbt manchmal das Selbstbewusstsein, wie hier bei dem Menschen, der von seiner Krankheit genesen war. Rückblickend stellte er fest, dass die Krankheit – wir erfahren nicht, um welche es sich gehandelt haben könnte – ihn tief erschüttert hatte. Auch spirituell, denn er empfand sie als eine unerwartet gottferne Zeit. Er sei heftig erschrocken, als ihn seine Kräfte verliessen – und er sich auch von Gott verlassen fühlte. Er nahm das so wahr, dass Gott ihm zürnte. Sein Gebet imponiert mir – er «rechtet» mit Gott und kämpft um dessen erneute Zuwendung (Verse 9–11). Und Gott lässt sich auf diese Form von Gebet tatsächlich ein und macht ihn gesund (Verse 12 und 13)! Im Erschrecken erkennt er, wie sehr er auf Gottes Gnade und Erbarmen angewiesen ist. Darum ringt er dann – erfolgreich. Er musste erfahren, dass alle seine Stärken und Kompetenzen plötzlich sehr eingeschränkt waren. Dass er, der sich kraftvoll und mächtig gesehen hatte, im Nu fallen könnte. Umso tiefer seine (meine?) Dankbarkeit, als er merkte, dass Gott ihn auffängt. «Denn sein Zorn währt einen Augenblick, ein Leben lang seine Gnade; am Abend ist Weinen, doch am Morgen ist Jubel.» (Vers 6) Das ist sein Jubel, der bis zu mir und uns erschallt: Gott ist da und hört auf meine Notrufe. Ich kann mit Gott reden, wie mir zumute ist. Er verlangt nicht irgendwelche Formen, nur Offenheit!
Von: Hans Strub