Es ist über alle derselbe Herr, reich für alle,
die ihn anrufen. Römer 10,12
Der christkatholische Theologe Ernst Gaugler (1891–1963), den ich nicht nur deshalb schätze, weil er einst Pfarrer im Fricktal war, wo ich heute lebe, schreibt in seinem im Zwingli-Verlag erschienenen Kommentar zum Römerbrief zu unserem Vers: Das Anrufen ist nicht einschränkend gemeint: Nur für die, die Seinen Namen anrufen. Sondern entschränkend: Nicht nur für die durch das Gesetz Gerechten, sondern für alle, Juden und Heiden in gleicher Weise, ist jetzt dieser Schatz göttlicher Gnade zugänglich, wenn sie ihn bloss «anrufen».
Weiter: Es ist nicht gemeint, dass zauberhaft-plötzlich, wenn wir nur «anrufen», automatisch die Errettung eintrete. Hinter dem Anrufen steht selbstverständlich das ganze Geheimnis der göttlichen Führung. Es ist dieses Geheimnis, welches wahrhaftiges Anrufen allererst bewirkt.
Und schliesslich: Der Reichtum Christi ist allen in gleicher Weise zugänglich. Kein Gesetz, keine menschliche Methode, kein religiöses Training steht mehr zwischen Ihm und uns, dem Reichtum seiner Liebe und unserer Armut.
Anruf genügt, ist man im Anschluss an Gaugler etwas salopp, aber zutreffend, zu sagen geneigt.
Nicht einschränkend, sondern entschränkend: Gauglers Lesart des heutigen Lehrtextes ist, wie mir scheint, uneingeschränkt zuzustimmen.
Von: Andreas Fischer