Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HERR, hilfst mir, dass ich sicher wohne. Psalm 4,9
Als ich klein war, sang meine Mutter am Bett ein Abendlied, das zum Mitsingen einlud. Die Strophe ist in der ersten Person Singular – ziemlich raffiniert! Es lullt das singende Kind ein. «Ich ghööre es Glöggli, es lüütet so hell. Im Bett tuen ich bätte und schlaafe dänn ii, de lieb Gott im Himmel wird au bi mir sii.»
Eigentlich ist es ein Psälmlein, das mich meine Mama lehrte. Gott wird als Immanuel, als Dritter, der «auch bei mir ist», an- und aufgerufen. Das «auch» gefällt mir! Es ist kindgemäss. Schliesslich sitzt die Vorsängerin auf dem Bettrand. Zu ihr kann ich jederzeit gehen, sie kann ich immer rufen. Sie ist jetzt bei mir – warm, weich und stark. Und Gott wird auch bei mir sein in der Nacht. So lässt es sich schlafen.
Der Psalm ist kein Wiegenlied. Der Vorsänger liegt und schläft ruhig, weil er sich darauf verlässt, dass allein Gott ihm hilft. Niemand singt ihn in den Schlaf. Er ist auch kein Kind mehr. Es singt David, der Kämpfer, König und Vorsänger, und er singt allein. Er singt in der ersten Person Singular. Aber wir sind zum Mitsingen eingeladen – wir alle, die wir schlaflose Nächte haben, weil der Friede nicht einkehren will. Wenn uns die Ängste plagen und wir uns fragen, wie sicher wir wohnen. Und dann beten wir vielleicht Davids Psalm, bis uns die Augen zufallen.
Von: Ralph Kunz