Der HERR erlöste sie, weil er sie liebte und
Erbarmen mit ihnen hatte. Er nahm sie auf
und trug sie allezeit von alters her.
Jesaja 63,9

Gott – eine Wirklichkeit ausserhalb unseres Denkens in Raum und Zeit und Kausalität, ausserhalb unserer Erkenntnisstrukturen: Darauf hat uns die gestrige Losung hingewiesen. Aber was wäre für uns Gott, der völlig ausserhalb unserer Wirklichkeit, unserer Existenz steht? Er ginge uns nichts an, er wäre bedeutungslos für unser Dasein.
Die biblischen Geschichten sehen das anders. Sie erzählen uns auf mancherlei Weise von Erfahrungen, die Menschen mit dieser ausserhalb unserer selbst liegenden Wirklichkeit gemacht haben: Sie sprechen von Gott unter dem Vorzeichen von Liebe und Erbarmen. Diese uns nicht zugängliche Wirklichkeit ist uns wohlgesinnt, ist keine dunkle, bedrohliche Macht. In der Geschichte der Religionen ist mit einer ins Bedrohliche verfälschten Gottesvorstellung viel Schindluder getrieben, viel Unheil angerichtet worden. Religion ist nicht per se gut und hilfreich. Das ist sie nur unter dem Vorzeichen von Liebe und Erbarmen. Dieses Vorzeichen bedeutet viel mehr als eine allgemeine gute Atmosphäre. Es hat sich zu bewähren, wo gutes Leben bedroht ist. Das sagt der Schluss unserer Losung: Gott hat die Menschen durch Dunkelheit getragen – von alters her, und auch für uns gilt das Versprechen.

Von: Andreas Marti