Sehet, welch ein Mensch! Johannes 19,5

Mit Dornenkrone und Purpurgewand, gequält und verspottet von den Soldaten tritt Jesus vor das Volk, das seinen Tod will. Noch liefert ihn Pontius Pilatus nicht aus. Sieht er mehr in diesem Jesus als dessen Ankläger? Ahnt er, dass mit ihm Gott selbst gegenwärtig ist unter den Menschen? «Seht, welch ein Mensch!», ruft er dem Volk zu.
In seinem Leiden nimmt Jesus die Gebrochenheit und Not der Menschen auf. In seinem gemarterten Körper wird das Leiden der Menschheit getragen und angenommen von Gott selbst.
Künstlerinnen und Künstler haben diese Szene über die Jahrhunderte hin immer wieder gestaltet – gerade auch im 20. Jahrhundert, das so tief geprägt ist von Gewalt und Tod im Holocaust, in zwei Weltkriegen … und vielen anderen Konflikten.
«Ecce – Seht» nannte Paul Klee eine Zeichnung aus seinem Todesjahr 1940: das Gesicht eines von Schmerzen gezeichneten Mannes mit einer Dornenkrone. Dessen grosse Augen blicken voraus – auf den kommenden Tod und vielleicht darüber hinaus auf Auferstehung und ewiges Leben. Klee selbst ist schwer krank und weiss, dass er bald sterben wird. Erkennt er sich wieder im leidenden Gottessohn? Geht auch sein Blick über den Tod hinaus?

Von: Barbara und Martin Robra