Jakob sprach zu Josef: Geh hin und sieh, ob’s gut steht
um deine Brüder und um das Vieh. 1. Mose 37,14
Der Erzvater Jakob hatte zwölf Söhne und Josef war sein Liebling.
Denn er war einer, der ihm in späten Jahren geschenkt
wurde und den er verwöhnte, was aber Josef nicht beliebt
machte bei seinen Brüdern. Es braucht keinen Familientherapeuten,
um das Eifersuchtsdrama kommen zu sehen.
Wie soll das gut gehen, wenn einer aus zwölf so bevorzugt
wird? Und es kam nicht gut, als Josef seine Brüder in Sichem
traf. Sie warfen ihn in eine Zisterne, verkauften ihn an Sklavenhändler
und erzählten dem Vater, sein Liebling sei Opfer
des Löwen geworden. Schrecklich, was diese Brüder getan
haben! Aber der Therapeut, würden wir ihn dennoch beiziehen,
sähe sofort, dass die Saat schon gelegt war in der
komplizierten Vorgeschichte. Schon Vater Jakob löste ein
Eifersuchtsdrama aus, als er sich in Rahels schöne Augen
verliebte, aber sieben Jahre lang mit der Schwester Kinder
zeugte. Man könnte noch tiefer in der Familiengeschichte
stochern und stiesse auf das Brüderpaar, mit dem das Ganze
anfing – und auf einen anderen «Vater», der einen «Sohn»
bevorzugte. So heisst es in der Urgeschichte: «Und der Herr
blickte auf Abel und auf seine Opfergabe; aber auf Kain
und auf seine Opfergabe blickte er nicht.» (Genesis 4,2)
Tragisch, was dann kam – aber nicht das Ende! Das ist der
Trost der Josefsgeschichte. Sie nimmt ein gutes Ende, obwohl
die Brüder Böses im Sinn hatten.
Von: Ralph Kunz