Wir haben gesündigt samt unsere Vätern, wir haben
unrecht getan und sind gottlos gewesen.
Psalm 106,6

Es ist ein Vers mit dem grösstmöglichen moralischen
Imperativ! Denn es ist eine Selbstanklage, die aus den eigenen
Reihen kommt. Nicht «ihr» wart es, sondern «wir» haben
uns etwas vorzuwerfen – inklusive der Generationen vor uns.
Ich musste beim Lesen dieses Satzes sogleich an den Klimawandel
denken und unsere damit verbundene menschliche
Verantwortung. Wir sind es, die mit unserem verschwenderischen
Lebenswandel Luft und Meere ins Ungleichgewicht
gebracht haben. Wir sind es, die unseren Umgang
mit Ressourcen dringend verändern sollten, um unseren
Planeten weniger zu belasten. Doch wie gehen wir mit dieser
Verantwortung um? Die Einsicht ist da: Wir haben «unrecht
getan» und sollten unser Verhalten dringend ändern. Doch
wie so oft: Was der Kopf versteht, wird im Alltag dann doch
nicht so richtig beherzigt. Woran hapert es? Am Schluss des
Verses steht das Wort «gottlos». Es macht uns aufmerksam,
dass die Menschen, die zur Zeit dieses Psalms lebten, noch
an eine göttliche Ordnung glaubten. Zwar wollen wir diese
nicht zurück, doch es täte uns in der wissenschaftlichen
Diskussion um die Zukunft auf Erden gut, wenn wir diese
Erde wieder vermehrt als göttliche Schöpfung respektieren
würden. So gesehen ist «gottlos» eine Metapher für unsere
Entfremdung von unserem Planeten, die zu einer Umkehr
nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen aufruft.

Von: Esther Hürlimann