Der HERR sprach zu Kain: Was hast du getan?
Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu
mir von der Erde. 1. Mose 4,10
Aus der einen Stimme von Abels Blut ist ein unermesslich
grosser Chor von Stimmen geworden von Blut von Schwestern
und Brüdern, die ums Leben gebracht wurden und
werden, weil solche wie Kain sich zurückgesetzt fühlen und
deshalb ausser sich geraten.
Kain – sein Name bedeutet «Besitz» oder «Krieger» – war
es gewohnt, an erster Stelle zu kommen, der Stolz seiner
Eltern, der Erstgeborene. Doch bei Gott sind Letzte Erste.
Gott schaut zuerst Abel an, den «Windhauch» und «Flüchtigkeit
» genannten, der immer der Zweite bleibt, und Kain
erträgt das nicht. Denn für ihn wird damit eine Rangordnung
gestört, die er für natürlich, ja gottgegeben hält. Kommt
er tatsächlich zu kurz, weil er nicht das gewohnte Privileg
geniesst? Das spielt bekanntlich nie eine Rolle, wo Menschen
meinen, sie kämen zu kurz, und deshalb gewalttätig werden.
Manche erinnern sich: Auf einem der ersten «Hungertücher
» aus Äthiopien wird ein Zeuge des Verbrechens
gezeigt. Er sitzt daneben, schaut aber nicht hin, als Kain den
Abel erschlägt, sondern wendet sich von der Gewalttat ab.
Seine Augen sind dieselben wie die von Kain.
Gott hört die Stimme des Blutes, das vergossen wird. Gott
schaut nicht weg, sondern fragt: Was hast du getan?
Von: Benedict Schubert
