Josef sprach zu seinen Brüdern: Ihr gedachtet es
böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut
zu machen. 1. Mose 50,20
Wieder ist der Losungstext, der aus der uns allen bekannten Josephsgeschichte stammt, ohne seinen Kontext nicht auszulegen. Geht es doch um eine Situation, die uns bekannt ist. Wie viele Familien kennen das! Nach dem Tod eines Angehörigen kommen alte Probleme, altes Misstrauen wieder an den Tag. Wird Joseph nach dem Tod des Vaters Jakob bei seiner Haltung bleiben, oder wird er nun seine Macht ausspielen, sich rächen? Die Brüder, wie oft auch wir, glauben nicht an die Kraft, Echtheit einmal vollzogener Versöhnung! Es bleibt Skepsis. War Josephs Vergebung echt? Letztlich wirft die Frage ja einen Schatten auf das eigene Verständnis davon, ob wir der uns zugesprochenen Vergebung, Gnade, im zwischenmenschlichen, aber auch im göttlichen Raum vertrauen. Und vergib uns unsere Schuld. Glauben wir an die Erfüllung dieser sonntäglich an Gott gerichteten Bitte? Glauben wir im zwischenmenschlichen Bereich daran, dass uns Unrecht, das wir begangen haben, vergeben wird, ein Neuanfang möglich ist? Wollen wir Vergebung annehmen?
In Zeiten, in denen Hass und Unfrieden vieles in unseren Gesellschaften bestimmt, ist die Bejahung von Versöhnung umso zentraler. In diesem Sinn: Gott gedenkt auch heute, es mit uns gut zu machen. Schenken wir diesem Gott unseren Glauben, unser Vertrauen.
Von: Gert Rüppell