Ich habe euch Leben und Tod, Segen und Fluch vorgelegt, dass du das  Leben erwählst.           5. Mose 30,19

Gott zwingt die Menschen nicht zu ihrem Glück. Er lässt ihnen die freie Wahl zwischen Segen und Fluch. Die Wahl zwischen einem Leben nach Gottes Gesetzen der Liebe und einer Existenz, die in der Ausgrenzung und im Egoismus ihren falschen Segen findet. Gott schenkt dem Menschen die Freiheit, sich von Gott zu abzuwenden.

Aber egal ist es Gott offensichtlich nicht, wie sich der Mensch entscheidet. Er relativiert die Wahlfreiheit sogleich zum Paradox. Der Ratschlag Gottes liest sich wie ein Befehl:

«… dass du das Leben erwählst». Der Weg in die Gottesferne wird nur aufgezeigt, um ihn als Irrweg zu entlarven. Gott will die Menschen ins Leben führen und nicht in den Tod, in die Freiheit und nicht in die Knechtschaft, hin zu seiner segensreichen Liebe und nicht in den verfluchten Hass.

Den deutlich beschrifteten Wegweiser stellt Gott an die Kreuzung, weil er weiss, wie schwer den Menschen die Wahl oft fällt. Sich im Kleinen für die Liebe statt für den Neid und im Grossen für den Frieden statt für den Krieg zu entscheiden, ist anstrengend. Und so klingt die Bitte im Unservater wie ein menschliches Echo auf die göttliche Wahlempfehlung aus dem Alten Testament: «Und führe uns nicht Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.»

Von Felix Reich