Schlagwort: Katharina Metzger

10. Dezember

Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis
hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere
Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde
zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem
Angesicht Jesu Christi.
2. Korinther 4,6

Bei den Worten «Leuchten» und «Angesicht» kommt mir
Folgendes in den Sinn: Meine Schwiegermutter nennt eines
meiner Kinder auf Russisch «maja solnitschka» – meine
kleine Sonne. Was schwingt in diesem Kosenamen alles mit?
Vielleicht dies: Du bist mein Ein und Alles! Du bist ein wunderbares
Geschöpf! Du bringst Licht und Wärme in mein
Herz!
Und das kennen Sie sicher auch: das Aufleuchten in den
Gesichtern, wenn sich Verwandte, Befreundete und Liebende
wiedersehen. Dabei zeigen die Gesichter, was gerade
in den Herzen geschieht: Berührtsein, Erkanntwerden, Verstandensein,
Freude, Liebe.
Die Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi: Für
mich bedeutet das, diese Herrlichkeit auch im Angesicht
meiner Mitmenschen und mir selbst suchen und finden zu
dürfen. Intensive Begegnungen und Erfahrungen können
uns aufleuchten lassen. Was ich dabei erfahre, hat für mich
durchaus eine religiöse Bedeutung: Ich werde gesehen, ich
werde erkannt, ich werde geliebt. Ich bin gut und richtig so,
wie ich bin. Ich bin geborgen.

Von: Katharina Metzger

9. Dezember

Paulus schreibt: In allem erweisen wir uns als Diener
Gottes: als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die
Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts
haben und doch alles haben.
2. Korinther 6,4.10

Der Abschnitt trägt in der Übersetzung die Überschrift «Die
Kraft Gottes». Und er handelt vom Dienen.
Ich selbst kenne das Dienen als das Erfüllen von Pflichten,
Pflichten in der Familie, im Beruf, in Vereinen. Dieses Dienen
ist mehr oder weniger selbst gewählt. Es macht manchmal
Freude und ist manchmal lästig. Oft schenkt es aber Sinn und
Befriedigung. Ich fühle mich nützlich, denn ich kann jemand
anderem etwas Gutes tun oder eine Sache vorantreiben.
In den Worten aus dem Korintherbrief schwingt aber noch
etwas anderes mit: das Dienen für etwas Grösseres, das
Dienen gegen Widerstand, das Dienen als ständige Daseinsform.
Das Dienen «als die Traurigen, aber allezeit fröhlich».
Gerade habe ich in der Zeitung einen Bericht über zwei Soldaten
gelesen, die eine heranrückende Front beobachten.
Laut Experten ist die Verteidigung der beschriebenen Stadt
entscheidend für den ganzen weiteren Kriegsverlauf. Das
Beispiel dieser Soldaten, die sich in den militärischen Dienst
stellen oder stellen müssen, zeigt mir eine ganz andere
Dimension des Dienens.
Der Gottes-Dienst als ständige Daseinsform: Wie kann er
in meinem Leben aussehen? Was bedeutet es, eine Dienerin
Gottes zu sein? Wie kann die «Kraft Gottes» in mir wirken?

Von: Katharina Metzger

10. Oktober

So ist es mit der Auferstehung der Toten: Was hier
auf der Erde gesät wird, ist vergänglich. Aber was
auferweckt wird, ist unvergänglich! Gesät wird ein natürlicher Leib. Auferweckt wird aber ein Leib, der vom Geist Gottes geschaffen ist.
1. Korinther 15,42.44

Mein Sohn, der jetzt dreizehn ist, hatte immer wieder Phasen,
in denen ihn die Frage «Was kommt nach dem Tod?» intensiv beschäftigte. Manchmal kam diese Frage plötzlich und mit einer Heftigkeit über ihn, dass er weinen musste. Wenn er sich etwas beruhigt hatte, überlegte er: Ist dann einfach nichts? «Aber das hat doch keinen Sinn: zuerst leben – und dann ist einfach nichts. Und ich kann mir das Nichts einfach nicht vorstellen», sagte er.
Seine liebste Variante war, dass wir nach dem Tod als Geister mehr oder weniger gleich weiterleben und dass wir in dieser Form auch als Familie zusammenbleiben können. Ich konnte ihm keine eigene Überzeugung mitgeben, die ihn beruhigt hätte. Aber ich sagte ihm, dass mich der Tod als Kind auch geängstigt habe, dass diese Angst jedoch irgendwann überwunden und verschwunden war. Das schien ihn ein wenig zu beruhigen. Für mich selbst ist das Leben im «natürlichen Leib» wichtig: Es ist Geschenk, Segen und Herausforderung. In diesem
Leib erfahre ich Wunderbares und Schwieriges, darin tue ich Gutes und weniger Gelungenes. Das zählt, für mich, für andere, hier und jetzt. Und nimmt mir die Angst vor dem Tod.

Von: Katharina Metzger

9. Oktober

Deine Hände haben mich gemacht und bereitet;
unterweise mich, dass ich deine Gebote lerne.
Psalm 119,73

Deine Hände haben mich gemacht und bereitet
Wie sie die Blindschleichen, die Mauersegler, die Hirsche und die Forellen bereitet haben
Wie sie die Berge, die Täler, die Flüsse und die Wüsten bereitet haben
Wie sie meine Eltern, meine Geschwister und meine Kinder bereitet haben
Wie sie die bereitet haben, die mir nahe sind, in ihrem Tun, ihrem Sein, ihren Gedanken
Und wie sie die bereitet haben, die mir fern sind, in ihrem Tun, ihrem Sein, ihren Gedanken
Lass uns deine Hände in uns allen spüren
Deine Hände, die uns alle formten
Lass deine Hände uns weiter formen:
Lass sie uns halten, wenn wir zerbröckeln
Lass sie uns wärmen, wenn wir kalt sind
Lass sie uns streicheln, wenn wir traurig sind
Lass sie uns beruhigen, wenn wir aufgeregt sind
Lass sie uns weit werden, wenn wir engstirnig sind
Lass sie uns zu Liebenden werden, die das Leben lieben,
das deine Hände beständig formen.

Von: Katharina Metzger

10. August

Niemand gehe zu weit und übervorteile seinen
Bruder im Handel. Denn der Herr straft dies alles.
1. Thessalonicher 4,6

Ich muss zugeben, dass ich keine Ahnung von Handel habe.
Ich gehöre zu den Angestellten, die pünktlich, meist schon vor
Monatsende, einen recht guten Lohn auf ihrem Konto haben.
Vor allem dann, wenn ich mit meiner Arbeitsleistung zufrieden
bin, ist das ein schönes Gefühl: Ich habe das verdient!
Ich gehöre aber auch zu den Leuten, die manchmal mit
einem leicht schlechten Gewissen herumlaufen, weil sie wissen,
dass andere ihr Geld viel härter verdienen müssen.
Vor ein paar Wochen half ich meiner Klasse an einem
Kuchenstand und fand mich dann hinter diversem Gebäck
auf Kundschaft wartend. Viele gingen vorüber. Umso dankbarer
war ich, wenn mir jemand etwas abkaufte oder sogar
einfach so etwas spendete.
Ich kann – ausgehend von diesem kleinen Erlebnis – gut
verstehen, dass man so viel wie möglich verdienen will, vor
allem wenn es nicht um ein Klassenlager, sondern um den
Lebensunterhalt oder – weniger existentiell, aber doch auch
wichtig – den Lebensstil geht.
Doch Paulus warnt vor dem «Zu-weit-Gehen». Alles soll
einen angemessenen Preis haben. Er warnt um des gegenseitigen
Respekts willen und wider den Betrug. Heute kommt
noch etwas Neues dazu: Diese Haltung der Beschränkung
ist auch unserer Schwester Erde gegenüber dringend nötig.

Von: Katharina Metzger

9. August

Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit,
und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle
Glieder mit.
1. Korinther 12,26

Viele Glieder, ein Leib: Als junges Mädchen war ich einige
Male an Chorfestivals. Dabei versammelten sich alle Teilnehmenden
in einem riesigen Zelt und übten dort unter
Anleitung einer Band Rock- und Popsongs ein. Es gelang
tatsächlich, mit dieser grossen Masse von mehreren hundert
Leuten mehrstimmige Arrangements zu singen. Ich erinnere
mich an Michael Jacksons «Earth Song», zu dem damals
unzählige Feuerzeuge in der Luft mitschwangen. Es war toll,
Teil dieses Ganzen zu sein, im Singen und Wogen mitzutun
und zu versinken. Wir waren wie ein Körper, zusammengehalten
durch die Band und unser Engagement – ein berauschendes
Erlebnis.
Aber die anderen Glieder? Von den meisten wusste ich
nichts. Also spricht Paulus von einer anderen Gemeinschaft.
Von einer, die sich zwar als ein Leib fühlt, wo aber die einzelnen
Glieder auch ein «Gspüri» füreinander haben. Wie entsteht
dieses Sowohl-als-auch? Ich denke, der Leib kann sich
definieren durch eine gemeinsam getragene Vision, durch
gemeinsam geliebte Rituale, durch eine gemeinsame Aufgabe.
Die Glieder, die dazugehören, sind nicht starr definiert,
sie ändern sich, sie geraten aneinander, sie finden sich wieder.
So entsteht Bindung, nicht einfach, nicht rauschhaft, aber
wohl nachhaltiger. Eine grosse Aufgabe!

Von: Katharina Metzger

10. Juni

Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht
nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der
Knechtschaft auflegen.
Galater 5,1

Bei Paulus ist das Joch in diesem Kapitel das Beschnittensein.
Paulus stellt klar, dass er dieses nicht wichtig findet, sondern
allein den Glauben, «der sich durch die Liebe als wirksam
erweist» (Vers 6).
Ein freier Mensch zu sein: welch wunderbares Geschenk
und welch schwierige Aufgabe zuweilen!
Meine Lebensrealität ist eine freie. Ich habe alle Wahlund
Entwicklungsmöglichkeiten, die ich mir wünschen kann.
Damit zähle ich sicher zu einer privilegierten Minderheit auf
unserem Planeten. Und doch: Da gibt es verschiedene Joche.
Das, was mich momentan am meisten beschäftigt, ist meine
Abhängigkeit von der Meinung anderer. Bei vielen Fragen bin
ich beeinflusst – quasi «unterjocht» – von dem, was andere
denken, finden und empfinden. Für mich selbst braucht es
dann manchmal etwas Zeit, Stille, Distanz, einen Blick aus
grösserer Höhe, um die Dinge für mich zu klären und zu einer
inneren Freiheit zu gelangen.
Menschen, die frei, also ohne Rücksicht auf das persönliche
Ansehen, ohne Rücksicht auf persönliche Verluste sogar, für
ein Zusammenleben in Frieden und Gerechtigkeit einstehen,
bewundere ich sehr. Von ihnen kann ich «einen Glauben,
der sich durch die Liebe als wirksam erweist» lernen. Und
als Inspiration nehmen, mich immer wieder darin zu üben.

Von: Katharina Metzger

9. Juni

Sieht Gott nicht meine Wege und zählt alle
meine Schritte?
Hiob 31,4

«Heb Sorg», sagen wohlmeinende, meist ältere Leute zu
jemandem, die oder der gerade zur Tür rausgeht, die Tasche
über der Schulter, auf dem Weg zu einer neuen Unternehmung,
einem neuen Abenteuer. «Klar, s chunnt scho guet»,
könnte eine Antwort darauf sein, unbekümmert, vital,
selbstbewusst. Ich hoffe, Sie sind auch schon einmal diese
Person gewesen, die mit Ur- oder Gottvertrauen zur Tür
rausgeht und frohgemut die schützende, vertraute Umgebung
verlässt.
Die «Nackenschläge des Lebens» hingegen können uns ins
Wanken und Straucheln und zum Zweifeln bringen. Hiob
musste unmenschliche Nackenschläge einstecken und fragt
sich nun, ob er etwas falsch gemacht hat. Ob es eine Erklärung
für sein Leid gibt. Ob er es verdient hat, ob Gott ihn vielleicht
für früheren Erfolg und Überheblichkeit straft. Aber
er findet nichts.
Trost und Bestätigung findet er in einer persönlichen
Begegnung mit Gott, der gar nicht auf sein Leid eingeht,
sondern seine Grösse und Schöpferkraft preist. Dies hat für
mich etwas Verstörendes und etwas Tröstliches zugleich:
Gott steht nicht in einem Zusammenhang mit Hiobs Leid, er
erwähnt es nicht einmal. Aber auch: Gott ist kein strafender
Gott, der abrechnet und die Menschen dadurch erzieht. Dies
regt mich an, über mein Gottesbild nachzudenken.

Von: Katharina Metzger

10. April

Es geschah eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören! Und als die Stimme geschah, fanden sie Jesus allein. Lukas, 9,3536

Jesus steigt mit Petrus, Johannes und Jakobus auf den Berg, um zu beten. Während des Betens verwandelt sich das Aussehen seines Gesichts und sein Gewand wird strahlend weiss. Zwei Gestalten, Mose und Elija, erscheinen und sprechen mit ihm über sein nahendes Ende in Jerusalem.

Die Jünger sind davon überwältigt, fallen in Schlaf. Sie erwachen, sehen alles, doch im Schatten einer aufziehenden Wolke werden sie richtig wachgedonnert von dieser Stimme, werden zum zweiten Mal Teil eines tiefgreifenden Geschehens. Sie müssen mit Jesus weiter, seinem Ende in Jerusalem entgegen, «erbebt» durch die Erfahrungen auf dem Berg. – Werden sie durch dieses Erlebnis überzeugter, heldenhafter? Werden sie Jesus in seinen schweren Stunden bedingungslos zur Seite stehen? Wir wissen es aus den Erzählungen über Petrus: nein. Sie bleiben menschlich, also auch feig und ängstlich. Petrus wird dies bedauern und sich grämen darüber, auch dies ein menschlicher Zug. –

Die kraftvolle Beschreibung einer Gotteserfahrung, die Sehnsucht, darin bleiben zu wollen, aber auch das Weitergehenmüssen durch Schweres, in dem man manchmal versagt – und trotzdem das Nachwirken der wunderbaren Erfahrung: All das lese ich in dieser Geschichte. 

Von: Katharina Metzger

9. April

Der Sünde Sold ist der Tod; die Gabe Gottes aber ist das ewige Leben in Christus Jesus, unserm Herrn. Römer, 6,23

Sünde, Sold und Tod: alles kurz nacheinander im ersten Teilsatz! Was soll ich bloss dazu schreiben?

Da kommt mir das Lied «Astronaut» von Sido und Andreas Bourani in den Sinn, ein grosser Hit vor einigen Jahren. Und beim erneuten Anhören finde ich, dass die «Sünde» darin treffend und zeitgemäss beschrieben ist. Ein Auszug:

«Wir hab’n morgen schon vergessen, wer wir gestern noch war’n. Hab’n uns alle vollgefressen und vergessen zu zahl’n.

Lassen alles steh’n und liegen für mehr Asche und Staub.

Wir woll’n alle, dass es passt, doch wir passen nicht auf.»

Es folgt ein ruhiger, melodiöser Zwischenteil. Der Astronaut schaut auf die Erde und singt:

«Und beim Anblick dieser Schönheit fällt mir alles wieder ein:

Sind wir nicht eigentlich am Leben, um zu lieben und zu sein?

Hier würd ich gern für immer bleiben, doch ich bin ein Wimperschlag, der nach fünf Milliarden Jahren nicht viel mehr zu sein vermag.»

Dem Erkennen der lebensfeindlichen «Sünden» steht das Erkennen dessen, wie das Leben gemeint ist, gegenüber. Und sowohl im Bibeltext wie im Popsong ist eine Hoffnung oder eine Sehnsucht auf ein ewiges Leben, ein ewiges Bleiben dort, wo es schön ist, spürbar.

Von: Katharina Metzger