Gottes Gaben und Berufung können ihn nicht gereuen. Römer 11,29

In der Zürcher Bibel heisst es: «Denn unwiderrufbar sind die Gaben Gottes und die Berufung.»

Unsere Talente und unsere Bestimmung können wir nicht zurückgeben, sie gehören zu uns.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer Bekannten, deren Mutter eben gestorben war. Traurig sagte sie mir, Mutter habe ihr Leben nicht gelebt, sie habe zeitlebens unter schweren Depressionen gelitten. Selbstredend konnte sie ihre Gaben und ihre Berufung nicht ausschöpfen. Und trotzdem sind sie unwiderrufbar – und wer weiss, wagte ich tröstend einzuwenden, vielleicht geht Entwicklung nach dem Tode weiter.

Es gibt auch Menschen, die ihre Gaben vergraben, wie das deutlich im Gleichnis von den Talenten zum Ausdruck kommt. Da verbirgt der Dritte, der nur ein Talent bekommen hat, seine Möglichkeiten. Wie aber, wenn dieser Dritte ein Teil von uns ist? Fragen wir uns doch einmal: Habe ich ein Talent, das ich nicht anerkenne, weil es mir zu gering erscheint? Die genannte schwer depressive Frau hat vielleicht nie anerkennen können, dass sie dieses schwere Leben ausgehalten hat, dass sie weitergemacht hat. Auch ihre Kinder konnten dies nicht würdigen. Es ist aber eine Gabe und ein grosser Wert, zu leben, auszuhalten, weiterzugehen auch mit der grössten Bürde.

Von Kathrin Asper