Tag: 5. Dezember 2022

1. Januar

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue?  Psalm 42,3

«Der du allein der Ewge heisst und Anfang, Ziel und Mitte weisst im Fluge unsrer Zeiten: bleib du uns gnädig zugewandt und führe uns an deiner Hand, damit wir sicher schreiten.» Jochen Klepper schrieb diesen Vers 1938, und er steht im Losungsbüchlein unter der Losung und dem Lehrtext. Seine Bitte und seine Hoffnung sprach er zur Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland aus; sie waren dringend und wurden immer dringender in den darauffolgenden Kriegsjahren. Klepper hat den Krieg nicht überlebt; er nahm sich zusammen mit seiner jüdischen Frau das Leben, die er anders vor dem Abtransport in eines der Vernichtungslager nicht schützen konnte. Ein zutiefst tragisches Schicksal eines Menschen, für den das «sicher Schreiten» der Gang in den selbstgewählten Tod war.

Das vergangene Jahr hat uns mit Krieg und Zerstörung in der Ukraine, mit der Inflation und den plötzlich so hohen Energiepreisen viele Sorgen bereitet. Der Psalm 42 ist ein in grosser Not geschriebener Hilferuf an Gott – und zugleich ein Trostpsalm: «Was betrübst du dich, meine Seele und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.» Daran lasst uns festhalten in diesem neuen Jahr!

Von Elisabeth Raiser

5. Dezember

Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.        Psalm 143,10

Es geht um das Lehren und Lernen. Ist es mit Gott etwa wie in der Schule? An welche Lehrerinnen und Lehrer erinnern Sie sich, von denen Sie in gutem Geist geführt wurden und etwas gelernt haben, das Sie vielleicht noch heute begleitet? Die Kinder in meiner Wohngemeinschaft berichten von Erfahrungen mit engagierten Lehrer*innen – von  Lernprozessen, die kollaborativ und nicht top-down ablaufen.

Aber ab und zu gibt es irritierende Geschichten. Noch immer existieren Mechanismen des Belohnens und Bestrafens. Die einen dürfen am Ende des Jahres ins Kino gehen, mit Geld, das vor allem jene äufnen mussten, die Regeln übertraten. Einzelne Lehrer*innen scheinen wenig fantasievolle Ideen und integrierende Massnahmen in ihrem Repertoire zu haben. Ohne guten Geist kommen Kinder – die dazu eben oft nicht Noah, Mia oder Leon heissen und für die manches noch fremd ist – von einer (vielleicht auch nur ganz minim) schiefen nicht einfach selbstverständlich auf die ebene Bahn. Im Psalm ertönt die Hoffnung, dass Gott jenen hilft, die ihn um Führung bitten. Aber: Anleitung und Begleitung woher, wohin? Der Betende formuliert später ganz konkret: «Führe mich aus der Not.» Wenn das notwendig ist und wenn das gelingt, ist es hohe Schule.

Von Matthias Hui