Autor: Barbara Heyse-Schaefer

26. Januar

Du erfreust mein Herz mehr als zur Zeit,
da es Korn und Wein gibt in Fülle.
Psalm 4,8

Die Fülle des Lebens ist schwer zu erhaschen. Meist erleben
wir nur kurze Momente des Glücks: in den Armen eines
geliebten Menschen, beim ausgelassenen Spiel mit Kindern,
nach einer schmackhaften Mahlzeit.
Auch die Bibel beschreibt solche Augenblicke der grossen
Freude, die die Betroffenen jedoch kaum glauben können:
wie Sarah zum Beispiel, als sie erfährt, dass sie ein Kind
bekommt und «ungläubig» lacht, oder die Emmaus-Jünger,
die trotz brennendem Herzen den Herrn nicht erkennen.
Man muss das Glück glauben, wenn man es erfährt! Voller
Dankbarkeit! Aber es lässt sich nicht festhalten. Wir sehen
darin nur ein Gleichnis, einen Hinweis auf das völlige Angenommensein
bei Gott, auf die bedingungslose Liebe.
In diesem Leben bleibt das Glück wie ein tiefes Sehnen nach
Gott in unserem Herzen, wie es ein Lied von Anne Quigley
(There is a longing in our hearts, deutsche Übersetzung
Eugen Eckert) so treffend beschreibt:
Ein Durst nach Glück, nach Liebe. Ein Hoffen auf Frieden,
auf Freiheit. Eine Bitte um Heilung, um Ganzheit und
Zukunft.

Von: Barbara Heyse-Schäfer

26. November

Gott aber ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden; denn ihm leben sie alle.   Lukas 20,38

«Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden. Er ist es, der das Leben schafft, erhält und der das Leben über alles in der Welt liebt. In der Hoffnung auf diesen Gott sagen wir: Dies ist nicht das Ende.» So spreche ich oft bei Beerdigungen.

Doch wie dieses Leben aussieht, da gehen die Ansichten weit auseinander, selbst unter den Christinnen und Christen. Bei Gesprächen versuche ich mich ganz auf die jeweiligen Jenseitsvorstellungen meines Gegenübers einzulassen.

Gerne würde ich auch mit Ihnen in einen Dialog eintreten: Was denken Sie über das Leib-Seele-Verhältnis? Gibt es in einer jenseitigen Welt ein individuelles Dasein oder haben wir Anteil an dem Alles-in-Allem, an der Unio mystica? Der heutige Text spricht davon, dass wir «in Gott» leben werden. Wie stellen Sie sich das vor? Wie ist das mit der Zeit? Gibt es jenseits unserer irdischen Welt noch zeitliche Abläufe? Wie wird unser irdisches Leben beurteilt werden? Und von wem? Von Jesus Christus oder gar von mir selbst, im Wissen, ein geliebtes Kind Gottes zu sein?

Einen Tag vor dem ersten Advent denke ich darüber nach: Welche zukünftige Welt erhoffe ich? Bin ich offen für das, was mich da erwartet? Verändert es mein Leben hier?

Von Barbara Heyse-Schaefer

26. September

Bekehre du mich, so will ich mich bekehren; denn du, HERR, bist mein Gott! Jeremia 31,18

Manchmal scheint es unmöglich, das Leben alleine zu meistern. Ich bin müde und erschöpft. Keine Energie mehr! Meine Füsse sind schleppend, das Herz ist schwer und der Kopf dumpf.

Ein Anstoss von aussen; eine Person, die mir die Hand reicht
– das könnte helfen!

Jeremia hat sich abgekämpft für seinen Gott. Er hat alles gegeben. Nun ist er ausgebrannt. Jetzt bleibt nur sein verzweifelter Notruf: «Hilf mir, Gott, wende meinen Blick. Ich kann es nicht allein! Ja, selbst zum Drehen des Kopfes fehlt mir die Kraft.»

Gott wartet auf diesen Seufzer. Er ist nie weiter als diesen Seufzer von uns entfernt. Und er schickt «seinen Engel», der uns den Kopf dreht, den Wendepunkt herbeiführt, der uns den Weg zurück zum Leben und zur Lebendigkeit zeigt.

In meiner dunkelsten Stunde war da plötzlich eine Stimme in meinem Herzen: «Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen.» Das war mein Wendepunkt! Da wusste ich, ich bin nicht allein. Gott wird alles zum Guten wenden, aber ich muss mich auch bewegen, vom falschen Leben und seinen Gewohnheiten umkehren.

Von Barabara Heyse-Schaefer

26. Juli

Machet kund unter den Völkern sein Tun, verkündiget, wie sein Name so hoch ist!   Jesaja 12,4

Als das fromme Gretchen dem Dr. Faust die berühmte Frage nach der Religion stellt, gibt dieser die ausweichende Antwort: «Nenn es dann, wie du willst, nenn’s Glück! Herz! Liebe! Gott! Ich habe keinen Namen dafür! Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch, umnebelnd Himmelsglut.»

Ist der Name, die genaue Bezeichnung für Gott und Glaube, unwichtig, «Schall und Rauch»?

Anders sieht es das Märchen «Rumpelstilzchen», wo die Müllerstochter innerhalb von drei Tagen den Namen des Männchens herausfinden muss, das ihr geholfen hat. Als ihr dies gelingt, kann sie mit dem Aussprechen des Namens das grausame Versprechen aufheben, ihm ihr erstes Kind zu geben. Denn im Namen liegt ein grosses Potential.

Auch Gott enthüllt in seinem Namen sein Wesen. In seinem Namen lässt Gott sich von seinem Volk finden und bindet sich an den Rufer. Daher soll der Name nicht missbraucht werden. Dennoch: Der Name «Ich bin, der ich bin» ist eine Aussage, die die Auskunft über Gottes Sein verweigert. Wer Gott wirklich ist, wird man an seinem Tun erkennen.

Was sind eigentlich Gottes Werke an mir und in mir, die ich anderen kundtun soll? Wo hat Gott mich verändert?

Gottes Sein und mit ihm auch mein Sein sind im Werden.

Von Barbra Heyse-Schaefer

26. März

Der HERR wird seinen Engel vor dir her senden.
1.   Mose 24,7

Ein Engel soll dem Knecht Abrahams helfen, die richtige Frau für Isaak zu finden. Ganz schön dreist, denke ich, einen Engel für Liebesdinge zu bemühen. Dabei war die Liebe bei der Partnerwahl in damaliger Zeit gar nicht im Vordergrund, sondern wirtschaftliche Überlegungen oder, wie hier, der Wunsch Abrahams, eine Frau von ähnlicher Herkunft für seinen Sohn zu finden.

Wir halten ja nicht mehr so viel von arrangierten Ehen, wie sie in manchen Teilen der Welt durchaus noch üblich sind. Lieber verlassen wir uns auf den Algorithmus von Parship oder anderen Dating-Plattformen.

Wer aber kommt auf die Idee einen Engel zu beauftragen? Mir erzählte unlängst eine Frau, dass sie nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes in eine tiefe Depression verfiel. In einem Museum vor van Goghs «Sternennacht» stehend, empfand sie seit langem wieder so etwas wie ein Glücksgefühl. Einige Zeit später bemühte sich ein Mann um sie. Als sie bei ihm zuhause, in seinem Schlafzimmer eine Reproduktion von van Goghs «Sternennacht» entdeckte, wusste sie ganz tief drinnen, sie war wieder zurück in der Liebe und im Leben.

Vielleicht hat doch Gott seinen Engel gesandt, den Weg für das Lebensglück dieser Frau zu bereiten – durch eine dunkle Zeit hindurch, hin zu einer leuchtenden Sternennacht! .

Von Barbara Heyse-Schaefer

26. Januar

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und  Wahrheit. Johannes 1,14

Ein Weihnachtswort Ende Januar? Ist die Botschaft des Christfestes noch in uns spürbar – einen Monat später?
Wir Theologen und Theologinnen haben es mehr mit dem Wort, dem Geist, als mit dem Fleisch, der Materie. Manchmal etwas weltfremd – so jedenfalls ein gängiges Vorurteil. In der «Welt» ist es oft umgekehrt. Alle Aufmerksamkeit liegt auf den materiellen Dingen: Kaufen und Besitzen, Haben und Gelten.

Gottes Menschwerden bringt diese beiden Welten zusammen.

Wie am Anfang der Welt, als Gott der Materie seinen Atem einhauchte, verwandelt er in einem verletzlichen, schutzlosen Kind menschliches Leben in göttliche Wahrheit. In unserer vergänglichen und begrenzten Mitte zeigt sich Gott, wie er wirklich ist.

Kann ich es glauben?

Kann ich es für mich annehmen?

Gott mitten unter uns – verletzlich, kindlich und wie ich …

Von Barbara Heyse-Schaefer