Du sollst dem Tauben nicht fluchen und sollst
vor den Blinden kein Hindernis legen, denn du sollst
dich vor deinem Gott fürchten.
3. Mose 19,14

Levitikus Kapitel 19 ist gleichsam ein Kompendium wichtiger
Anweisungen für ein gelungenes Leben mit Gott und mit
den Menschen. Hinweise zum Gottesdienst und zu sozialem
Verhalten wechseln ab oder sind verschränkt. So wie hier,
wo Respekt und Achtung behinderter Menschen mit der
Beziehung zu Gott verbunden sind. Die im Kommentar der
gestrigen Losung beklagte Abwesenheit einer transzendenten
Verankerung ist hier noch deutlich vorhanden.
Menschen mit Behinderungen sind anders und bleiben es,
obschon alles getan wird, die Inklusion in die sogenannte
Normalität zu fördern. Assistiertes Leben, Hilfsmittel jeder
Art, Spezialschulen, Rampenvorschriften sollen eine in
jeder Hinsicht barrierefreie Gesellschaft schaffen. Das ist
gut so. Was nicht gut ist, ist die scheinbar gleichmachende
Inklusion in die Normalität. Das führt leicht zu Illusionen.
Indes: Es ist eine Tatsache, dass es behindertes Leben gibt,
und Menschen mit Behinderung und Menschen ohne sind
aufgerufen, intensive innere Arbeit zu leisten, mit diesem
Anderssein klarzukommen, zu lernen, sich nicht als Opfer
und benachteiligt zu fühlen, und zu lernen, Menschen mit
Behinderungen nicht als minder einzustufen. Jeder und jede
hat Berechtigung und macht wertvolle Lebenserfahrungen,
die auszutauschen von grossem Gewinn ist.

Von: Kathrin Asper