Am Abend, da die Sonne untergegangen war, brachten sie zu Jesus alle Kranken und Besessenen. Markus 1,32

In der jüdischen Tradition bricht der Tag am Vorabend an. Auch der Sabbat beginnt am Freitagabend. Er gilt als Fenster zur Ewigkeit. Am Sabbat nehmen gläubige Jüdinnen und Juden die messianische Zeit vorweg. Sie tun dies durch praktisches Verhalten, nicht durch ein magisches Ritual. Zu Beginn des Sabbats, am Freitagabend, zünden sie Kerzen an, singen Psalmen. Sie wenden sich einander zu, segnen und empfangen den Segen. Sie beten gemeinsam und teilen die festliche Mahlzeit. Die Kranken und Besessenen werden am Abend zu Jesus gebracht: «da die Sonne untergegangen war». Jesus war Jude. Ich stelle mir vor, wie er sich beim Anbruch des neuen Tages den Kranken und Besessenen zuwendet, sich praktisch und solidarisch verhält. Kein Hokuspokus, kein Simsalabim.

Der neue Tag beginnt in der Dämmerung. In diesem Zwischenraum sind wir empfänglicher für die feinen Töne, für die neuen Möglichkeiten. Da keimt neue Hoffnung, auch unerhörte, ausserordentliche. Wir wagen mehr, wenn unsere Schatten verschwinden. Setzen manchmal sogar alles auf eine Karte. Wunderbares geschieht. Und es braucht die ganze
Nacht, bis die feinen Strahlen der Sonne wieder zu uns durchdringen und neues Leben in uns erwacht. In dieser Nachterfahrung bricht das neue Leben hervor

von: Chatrina Gaudenz und Lars Syring