Autor: Markus Bürki

8. Februar

Er hat ein Gedächtnis gestiftet seiner Wunder,
der gnädige und barmherzige HERR.
Psalm 111,4

Auch bei Psalm 111 geht es heroisch weiter. Dieser Gott lässt uns nicht los, wenn wir ihn denn ernst nehmen! Seine Gebote sollen für alle Zeiten Bestand haben. Er hat sein Volk befreit, und sein Bund mit ihm gilt für immer …
Wenn ich in die Welt schaue, habe ich nicht gerade das Gefühl, dass da sehr viele bundestreue Menschen sind. Oder anders gesagt, Menschen, die diesen Gott noch ernst nehmen. Aber was meint denn «ernst nehmen»? Für mich bedeutet es, diesen Gott mitzunehmen auf die Reise des Lebens und zu versuchen, Liebe zu streuen auf diesen Lebenswegen. Konkreter: Für mich ist das Evangelium eine Richtschnur für das gelingende Leben zusammen mit allen Lebewesen auf diesem Planeten. Es geht um gute und ehrliche Gemeinschaft, es geht um Frieden, es geht um Bewahrung der Schöpfung und unserer eigenen Art. Es geht darum, sich nicht als Gott aufzuspielen, auch wenn wir nach göttlichem Abbild geschaffen worden sind. Es geht darum, sich für andere zurückzunehmen und mit dem Schlüssel, der da Liebe heisst, zu versuchen, diese eine Welt zu einem besseren Ort zu machen bei allem, was wir hier auf Erden tun und anstellen.
Dieser eine Gott hat meiner Meinung nach diese Geschichten überliefern lassen, damit wir beim Lesen immer wieder an die goldene Richtschnur erinnert werden und nicht nur aus Eigenzweck existieren und am Ende einsam sterben.

Von: Markus Bürki

7. Februar

Gott, du bist mein Gott, den ich suche.
Es dürstet meine Seele nach dir.
Psalm 63,2

Psalm 63 ist eine Liebeserklärung an Gott. An den einen Gott, den wir suchen. Es gibt viele Götter unter dem Himmel, aber im jüdisch-christlichen Kontext reden wir von dem Einen, der sich gezeigt hat in Jesus, unserem geglaubten Christus, der ganz Mensch geworden ist und sich zu uns herabgelassen hat in unser irdisches Gewusel. Ganz nahe zu uns Menschen ist er gekommen. Das finde ich immer wieder wunderbar, weil es unseren Gott so verletzlich, echt und glaubwürdig macht. Gott ist einer von uns!
Ja, auch mich dürstet es immer wieder nach diesem Gott. Im Gebet, im Alltag, auf der Arbeit – überall versuche ich diesen einzigartigen Gott zu erhaschen und immer wieder gehe ich leer aus, bin am Abend einfach nur erschöpft, genervt und eigentlich überfordert mit all den Anforderungen. Wo ist der eine Gott? Psalm 63 geht dann noch weiter. Alle, die meinen Untergang wünschen, werden dank meines Gottes selber ins Totenreich hinabsteigen müssen, dem Schwert ausgeliefert und den Schakalen zum Frass vorgeworfen werden. Ja, dieser eine Gott kann auch ziemlich zornig werden. Es macht den Anschein, dass ich mit diesem einen Gott wirklich über Mauern springen und Bäche durchschwimmen kann, weil er mich nicht allein lässt. Und doch falle ich immer wieder auf den Boden der harten Realität zurück und schürfe mich auf. Dieser eine Gott ist mir leider oft (zu) fern. Beten, Stille, Bibelstudium können weiterhelfen.

Von: Markus Bürki

17. November

Die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft
der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der
Kinder Gottes.
Römer 8,21

Der Brief an die Römer ist ein Meisterwerk des Paulus von
Tarsus. Schön geschrieben und gut zu lesen. Schön fromm
könnte ich auch sagen. Paulus schreibt klar, wer der Meister
ist und was wir erwarten dürfen, wenn wir denn die richtigen
Entscheidungen im Leben und im Glauben treffen. Eine ganz
klare Absicht scheint mir in den Zeilen rüberzukommen: Das
Evangelium des Jesus Christus ist Dreh- und Angelpunkt.
Alles andere bringt’s nicht!
Vor kurzem ist erneut ein Mensch verstorben, den ich sehr
schätzte und von dem ich vieles lernen durfte. Zu jung
gegangen und zu plötzlich. Immer wenn ich mit dem Tod
konfrontiert werde, merke ich, wie dünn doch mein Glaube
ist und wie brüchig. Ich kann einfach nicht so glauben, dass
mir solche Lebensschnitte nichts ausmachen. Es schmerzt
mich, es tut weh, es lässt mich zweifeln und macht mich
nervös. Was «verhebt» nun wirklich von dem, was ich
erfahren und gelesen habe? Was ist wirklich wasserfest und
unverwischbar? Was ist bei mir frei von der Knechtschaft
der Vergänglichkeit? Wo fühle ich mich frei als Kind Gottes?
Meine Pfarrkollegin hat in einer Geschichte einmal erzählt,
dass es vielleicht darum geht, «Sehnsucht nach der Sehnsucht
nach Gott zu haben». Ein wunderbarer Gedanke. Ich
wünsche uns allen Sehnsucht nach der Sehnsucht.

Von: Markus Bürki

16. November

Das Volk, das ihm voranging und nachfolgte,
schrie und sprach: Hosianna dem Sohn Davids!
Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn!
Hosianna in der Höhe!
Matthäus 21,9

Das Volk schreit, einer kommt in dem Namen des Herrn. Ich
stelle mir die Szenerie gewaltig vor. Laut und schrill, arm und
reich, staubig, sonnig, aufbruchsgewaltig! Alle sehen sich auf
einmal um den Einen versammelt und sie jubeln ihm zu, weil
sich seine wortgewaltige Botschaft in kurzer Zeit durch die
Quartiere und Gegenden der damaligen Zeit «gestreamt»
hat. Er kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der
Höhe!
Und heute? «Gestreamt» wird wahrlich viel mehr auf
Netflix als in der Bibel. Geschrien wird an vielen Orten auf
der Welt. Aus Unglück und Glück und überhaupt, immer mal
wieder treffe ich auf Menschen, die wild um sich schreien im
Zug oder auf der Strasse. Vom Sohn Davids habe ich noch
keinen schreien hören. Wo sind die, die dem Sohn Davids
nachfolgen und aus Freude schreien? In der Kirche am Sonntag?
Ich höre keine Schreie. Im «Wort zum Sonntag»? Ich
höre keine Schreie. Im Theologiekurs? Ich höre keine Schreie.
In einer kirchlichen Gruppierung? Auf einem Tagesausflug
mit Seniorinnen und Senioren? Ich höre kein Schreien. Nein,
ich höre kein Schreien. Ich sehe Angst um Zukunft, Angst um
Geld und Reichtum, leere Gedanken und Luftschlösser, ich
sehe viel Zaghaftigkeit und wenig Visionäres. Wo bleiben die
Aufschreie! Wo ist Glaube?

Von: Markus Bürki

17. September

Gott hat viel Gutes getan und euch vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, hat euch ernährt und eure Herzen mit Freude erfüllt. Apostelgeschichte 14,17

Der Vers klingt für mich ein wenig nach: Jetzt hat euch Gott so viel gegeben, und was macht ihr damit? Seid doch dankbar bitte! Merkt doch endlich, was Gott euch allen gegeben hat.
Wie sieht das denn heute auf unserer Erde aus? Sind da noch viele, die sich dankbar an Gott wenden und einfach einmal Merci sagen? Neulich war ich im Zug nach Basel von Interlaken herkommend. Vor mir im Abteil waren drei rund siebzigjährige Menschen, und sie beschwerten sich über alles. Die heutigen Eltern sind unmöglich, diese Bundesrätin ist ungeheuerlich, diese Jungen sind unbrauchbar. Da blieb nichts Gutes in der Luft hängen.
Ich fand das sehr schade und wäre beinahe rüber gegangen und hätte Folgendes gesagt: «Ehm … sorry kurz, ich höre Ihnen nun schon eine Weile zu, und es ist für mich fast nicht erträglich. Alles in Ihrem Leben scheint schrecklich zu sein und nichts ist wirklich froh machend. Haben Sie sich schon einmal überlegt, in welch wunderbarem demokratischen Land wir hier leben? In was für einem Paradies in Sachen Arbeit und Freizeit und Familienformen? Haben Sie noch nie einfach Freude in Ihrem Herzen verspürt? Einfach so, weil es die grosse Schöpferkraft einfach gut mit uns meint?»

Von: Markus Bürki

16. September

Als Petrus die hohen Wellen sah, bekam er Angst. Er begann zu sinken und schrie: «Hilf mir, Herr!» Matthäus 14,30

Wie oft sind Sie schon in einer Situation gesunken? Sei das im Erdboden versunken oder einfach so? Was haben Sie zu diesem Zeitpunkt dann genau gemacht? Wenn Sie sich erinnern mögen, würde es mich interessieren, ob Sie nach dem Herrn geschrien haben? Oder nach dem Spaghettimonster oder Ihrer inneren Stärke. Oder sind Sie einfach still und heimlich versunken?
Jesus bleibt ja in der Situation ganz ruhig und versteht nicht, warum der Petrus so zappelig ist. Wo doch Glaube ist, da ist doch auch ein Weg – oder nicht?
Es ist und bleibt einfach sehr schwierig. Wenn ich doch nur genug glaube, dann werde ich schon nicht sinken, oder? Oder besteht die Möglichkeit des Sinkens, auch wenn ich genug glaube? Fragen über Fragen, wie häufig in der Theologie.
Es führt kein Weg daran vorbei, sich immer wieder mit dem Glauben auseinanderzusetzen und versuchen zu verstehen, was da mit einem passiert. Hören und versuchen zu fühlen. Was macht ein Bibelvers mit mir? Warum fühle ich mich gerade bei diesem Vers so gut oder eben nicht? Was kann er mit meinem Leben zu tun haben? Ist vielleicht genau diese Bibelstelle der Ort, wo Gott mir meine Wunde offenlegt und mir quasi noch Salz reinstreut?
Bleiben Sie neugierig und aktiv auf Ihrem Weg, ich wünsche es Ihnen von ganzem Herzen. Und sinken Sie nicht dabei ab!

Von: Markus Bürki

1. September

Jesus sprach zu seinen Jüngern:
Habt Glauben an Gott!
Markus 11,22

Es waren nicht nur Jünger mit Jesus unterwegs. Es waren auch Jüngerinnen. Und was ist mit dem dritten Geschlecht? Ist Jesus für alle da? Oder nur für die Binären unter den Menschen? Ich getraue mich, in ein Wespennest zu stechen:
Wieso eigentlich? Wieso ist es noch immer das Thema Nummer eins in der christlichen Welt, wer mit wem ins Bett darf und ab wann? Es ist mir unverständlich. Jesus hat insbesondere Macht und Macht in Kombination mit Geld angeprangert; wer mit wem das Bett teilt, war nicht zuoberst auf seiner Liste von Gleichnissen. Auch können wir die Bibelverse, welche etwas über Beziehungen von damals aussagen, nicht einfach in unsere heutige Welt übertragen. Da braucht es schon ein wenig Übersetzungsarbeit. Ehe, Partnerschaft, das war zu Jesu Zeiten etwas ganz anderes als heute. Mein Vorschlag: Wenn zwei Menschen eine Beziehung eingehen, dann sollte das auf Augenhöhe sein, ohne ein Machtgefälle, egal, wer mit wem. Gilt eigentlich das «habt Glauben an Gott!» für alle oder nur für die einen oder die anderen? Ich glaube, dass wir als Christenmenschen schnell aufhören müssen mit diesem Schubladendenken, diesem Schwarz-Weiss oder diesem Drinnen-Draussen. Wir Christenmenschen glauben an den einen Gott, wir haben wohl nur unseren einen blauen Planeten, und alle Menschen auf diesem haben eine göttliche Abstammung. Alle Menschen sind mitgemeint!

Von: Markus Bürki

17. Juli

Das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schliessen will
nach dieser Zeit, spricht der HERR:
Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben,
und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.

Jeremia 31,33

Ja, der Bund mit Israel. Israel ist das erwählte Volk, zuerst gilt
der Bund Israel und dann allen anderen. Was aber nicht meinen
darf, dass Israel nun alles machen darf, was es will, weil es
ja das auserwählte Volk Gottes ist. Ich möchte vielmehr auf
das Herz eingehen, in welches das Gesetz von Gott
geschrieben werden soll. Ein wunderbares Bild, so finde ich!
Gottschreibt sein Gesetz in die Herzen und nicht in die Köpfe
seines Volkes. Gott möchte also ganz nahe bei seinem Volk
sein und seine Liebe zu ihm direkt in ihre Herzen schreiben
oder fliessen lassen. Wer kann da widerstehen? Und dann
will Gott einfach Gott sein. Gott geht ganz nahe ran, legt
sich so richtig ins Zeug, um bei seinem Volk zu sein. Gott
will eine gute, bindende, verbindliche Beziehung auf
Augenhöhe mit seinem Volk, von Herz zu Herz. Auch hier:
Wer von Ihnen möchte das nicht? Mit der Partnerin,
dem Partner, der Familie, der Gruppe, dem Clan,
der Kirchgemeinde…einfach im Herzen spüren, dass es
der andere oder die anderen einfach nur gut mit einem
meinen? Ein wunderschönes Gefühl.
Wenn die Herzen im Einklang schlagen, ist dann der Bund
nochwichtig? Oderist der Bund nur ein Puzzlestück auf dem
Weg zum Herzen und zu Gott?

Von: Markus Bürki

16. Juli

Jesus sprach zu den Jüngern: O ihr Toren, zu trägen Herzens,
all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste
nicht der Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen?
Lukas 24,25–26

Der Auferstandene geht mit zwei Jüngern zusammen nach
Emmaus, er gesellt sich an ihre Seite und hört quasi zu, wie
sie über diesen Jesus reden. Aber sie erkennen Jesus nicht,
nicht einmal, als er den beiden nochmals alles aufzeigt,
angefangen bei Mose… Sie erkennen ihn nicht! Erst als er
dann spätabends mit ihnen zusammen das Brot bricht,
erkennen sie ihn.
Würden wir heute Jesus erkennen? Wenn da plötzlich einer
steht und spricht und handelt wie Jesus… Würden Sie ihn
erkennen? Ist er schon da und wir erkennen ihn nicht? Wer
könnte es sein? Nein, Trump ist es nicht, auch wenn viele in
Amerika das behaupten und daran glauben.
Wie wird es dann sein, wenn Jesus, wie er selber gesprochen
hat, wiederkommt? Werden wir ihn erkennen oder ihn erneut
verurteilen und an ein Kreuz schlagen lassen? Mir wird ganz
anders beim Gedanken, dass Jesus dereinst wiederkommt und
wir ihn nicht erkennen.
Oder kommt er gar nicht zurück? Immerhin warten wir
seit über zweitausend Jahren – lohnt sich dieses Warten
überhaupt? Vor einigen Tagen istmein Stiefvater verstorben.
Derletzte Besuch bei ihm war hart, dieses Abschiednehmen
fürimmer, kein Zurück, kein «noch einmal». Odersehenwir
uns dereinst wieder? Ich kann es nicht wissen, sorry.

Von: Markus Bürki

17. Mai

Dann werden die, die den Willen Gottes getan haben,
fragen: Herr, wann kamst du als Fremder zu uns, und
wir nahmen dich auf? Dann wird der König antworten:
Ich versichere euch: Was ihr für einen meiner geringsten
Brüder oder eine meiner geringsten Schwestern getan
habt, das habt ihr für mich getan.
Matthäus 25,37.38.40

Wir gehören alle zusammen. Menschen sind Menschen und
allen gebührt die gleiche Würde. Allen Lebewesen gebührt
die gleiche Liebe. Ja, alle Kreatur soll sich lieben auf diesem
Planeten, etwa so verstehe ich den Text. Mit einer vielleicht
kindlichen Brille («Wenn ihr nicht wie die Kinder werdet,
dann werdet ihr nie in das Reich Gottes kommen») kann
ich also annehmen, dass alles, was auf dieser Erde an Gutem
getan wird, allen zugutekommt, als wäre es ein einziges Lebewesen.
Und in der Umkehr bleibt also alles Schädliche oder
Leidige auch auf der Erde und bleibt in den Lebewesen bestehen.
Heute ist sich die Wissenschaft einig, dass Traumata
über Generationen weitergegeben werden können. Ist es
dann mit der kindlichen Brille so, dass all unsere netten und
guten Taten dieser Erde und ihren Bewohnenden auch in die
DNA eingepflanzt respektive mitgegeben werden? Zu hoffen
ist es auf jeden Fall, denn so lese und verstehe ich den Lehrtext
von heute. Alle gehören in Christus zusammen. Auch
die Geringsten, die Blöden, die Dummen, die Scheinheiligen,
die Hinterlistigen, die …
Amen!

Von: Markus Bürki