Autor: Kathrin Asper

13. August

Gottes Wahrheit ist Schirm und Schild. Psalm 91,4

Da können wir gleich weiterfahren, wo wir gestern aufgehört haben!
Nicht Fels, sondern Schirm und Schild kann Gott sein. Also etwas, das wir mitnehmen zu unserem Schutz und unserer Verteidigung. Wenn ich mich von Gott geschützt und behütet fühle, geht es mir besser. So einfach ist das, nur ist es nicht immer so. Es gibt Zeiten, wo ich mich ungeschützt und verwundbar fühle, unsicher und ohne festen Grund. Oh, wie wünscht man sich dann, schnell wieder in Sicherheit zu sein. Doch so schnell geht das allemal nicht, es kann Tage, Wochen, manchmal Jahre dauern, bis sich diese Überzeugung wieder oder zum ersten Mal einstellt. Die Zeit läuft und das Leben geht weiter, ohne diesen Schutz und diesen Schirm. Wo ist dann Gottes Wahrheit? Im Nachhinein und wieder auf festem Grund, kann ich mir dann sagen, dass Gott mich hindurchgetragen hat und ich nicht zuschanden geworden bin. Gott hilft einem hindurch.
Ein Gedicht von Margaret Fishback Powers erzählt von dieser Wahrheit. Eines Nachts hatte sie einen Traum. Da ging sie mit einem Herrn am Strand. Während des Gehens zogen viele Stationen ihres Lebens vorbei. Dann schaute sie zurück und sah, dass gerade in den schwierigen Zeiten ihres Lebens nur eine Spur zu sehen war. Sie fragte den Herrn, warum er sie allein gelassen habe. Der HERR antwortete: «Dort, wo du nur eine Spur gesehen hast, da habe ich dich getragen.»

Von: Kathrin Asper

12. August

Der HERR lebt! Gelobt sei mein Fels! Psalm 18,47

Dieser Psalm besingt das persönliche Verhältnis eines Gläubigen zu seinem Gott, der ihn liebt, sich zu ihm herablässt und ihn aufrichtet.
Gott lebt und ist mein Fels, ist Gegenwart, ewig und unverrückbar. Wann brauche ich diese Zusicherung?
Ich brauche sie, wenn es mir schlecht geht und ich im Loch der Verzweiflung stecke, wenn nichts mehr sicher ist und sich keine Zukunft zeigt. Dann benötige ich diese Zusicherung. Wer gibt sie mir, wenn ich sie mir nicht selber geben kann? Ist es ein Aussenstehender, empfinde ich dies wie Hohn und kann es nicht glauben. – Tut sich aber langsam die Dunkelheit auf und kommt von innen her ein Lichtstrahl, dann beginne ich zu hoffen. Hat sich dann mein Leben wieder eingerenkt und stehe ich auf festem Grund, bin ich dankbar. Dann muss ich anerkennen, dass die Hilfe nicht von mir kam, dann kann ich loben und preisen. Denn Gott hat sich lebendig gezeigt und ich kann den Felsen, die Unverrückbarkeit Gottes loben, so wie es David in diesem Dankeslied tat.
Es gibt eine Wahrheit, die immer stimmt und verschiedenste Quellen hat, so auch König Salomon. Sie lautet: «Nichts ist von Dauer. Alles geht vorüber.» Auch das ist, wie die heutige Losung, Trost in schweren Zeiten.
Und der am Ostermontag verstorbene Papst Franziskus betonte immer wieder: «Niemand kann sich selber retten.»

Von: Kathrin Asper

13. Juni

Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? 1. Mose 18,14

Der Lehrtext für heute (Markus 16,14) kreist um den Unglauben
bezüglich Jesu Auferstehung. Da ich mit der Auferstehung
meine Mühe habe, habe ich die Losung gewählt.
Allerdings kann auch sie durchaus mit der Auferstehung
in Verbindung gebracht werden, denn «sollte dem HERRN
etwas unmöglich sein?». Vom Gefühl und von der Ahnung
her ist es mir eine angenehme Vorstellung, dereinst meine
lieben Verstorbenen wiederzusehen. Sehr oft erinnere ich
mich an sie, schliesse sie in meine Gebete ein. Mir sind aus
meiner Arbeit als Psychotherapeutin viele Träume bekannt,
in denen Verstorbene erscheinen und auf den Träumer, die
Träumerin im Jenseits warten.
In diesem Zusammenhang ist Auferstehung also durchaus
eine Möglichkeit und ist mir eigentlich selbstverständlich, so
selbstverständlich wie sie dem HERRN ist.
Laut einer «Spiegel»-Umfrage von 2019 glauben 58 Prozent
der Protestanten und 61 Prozent der Katholiken an die
Auferstehung, also halbe-halbe. Und so ist es auch bei mir,
halb kann ich es mir vorstellen und halb nicht.
Lieb ist mir das Bild des Gnadenstuhls. Da hält der auf dem
Thron sitzende Gottvater das Kreuz mit dem toten Jesus
und darüber schwebt die Taube. Ein Bild der Dreifaltigkeit
und ein Auferstehungssymbol. Und ebenso lieb ist mir der
Auferstehungs-Jesus im Isenheimer Altar in Colmar. Nur
unsere Bilder – oder etwa doch übersinnliche Wirklichkeit?
Was meinen Sie?

Von: Kathrin Asper

12. Juni

Ihr scheint als Lichter in der Welt, dadurch dass
ihr festhaltet am Wort des Lebens.
Philipper 2,15–16

Wenn ich an Licht denke und es mir bildlich vergegenwärtige,
ist Licht etwas, das an seinem Platz bleibt, als Flamme einer
Kerze, als Lichtbündel durch dunkle Wolken, als Leuchte
in einem Lampenschirm. Es ist also nicht etwas, das sich
bewegt, ist nicht zerstörerisch fressendes Feuer, sondern ist
ruhig, leuchtet still.
Nun sagt aber Paulus im obigen Text, dass wir uns bewegen
sollen inmitten eines «verdrehten und verkehrten
Geschlechts». Dieser Aufruf zur Missionierung, zu christlicher
Überzeugungsarbeit entspricht mir nicht. Vielmehr bin
ich der Ansicht, dass wenn uns stilles Leuchten und innere
Wärme geschenkt werden, wir Frieden mit unserem Leben
geschlossen haben, es aus uns heraus leuchtet. Wir müssen
nicht weibelnd herumgehen und andere für unseren Glauben
gewinnen, denn Menschen fühlen, sehen und spüren
dieses innere Licht selbst.
Dahin zu gelangen, ist indes schwierig, erfordert Arbeit an
sich selbst und bedingt, die eigenen Abgründe zu kennen.
Dann sind wir Lichter in der Welt. Das zu sein, ist ein
Geschenk, das Licht ist eine Gnadengabe, weil Gott uns
entgegenkommt. Allerdings fallen wir immer wieder daraus
heraus. Daran festzuhalten beziehungsweise wieder da
hinzufinden, ist notwendig. Auch das bleibt letztlich ein
Geschenk.

Von: Kathrin Asper

13. April

Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft
in Christus Jesus entspricht.
Philipper 2,5

Das sind Zeilen aus der ältesten Hymne der Christenheit. Paulus schrieb sie im Gefängnis und spricht darin vom heruntergekommenen Gott, über den Weg zum Kreuz und die Selbsterniedrigung Jesu Christi.
Wir sollen den «Massstab» (Gute Nachricht Bibel) bedenken, den Jesus Christus gesetzt hat im Umgang miteinander. Wir sollen nichts aus Eitelkeit tun, den anderen höher achten als uns selbst und immer daran denken, das zu tun, was dem anderen dient, und unseren Eigennutz hintanstellen.
Das ist eine moralische Maxime, der wir nicht immer folgen, sie nicht stets im Auge haben, sie vergessen, verdrängen, sie bisweilen unnötig finden.
Und dennoch: Es ist wichtig, um sie zu wissen, wesentlich auch, dass sie uns in den Sinn kommt. Immerhin haben wir dann die Möglichkeit, unseren Kurs zumindest im Nachhinein zu korrigieren.
Wir sind keine Heiligen, weder sind wir ganz gut noch ganz böse. Aber es ist notwendig, einen Kompass zu haben und ihn zu gebrauchen, wenn wir straucheln.
Sich mit der Maxime zu identifizieren und zu meinen, wir befolgten sie immer, ist gefährlich. Das führt zu Hybris und Eingenommenheit, zur Grandiosität des Narzissten, deren Preis Verdrängung und Verleugnung ist.

Von: Kathrin Asper

12. April

Josua fiel auf sein Angesicht zur Erde nieder, betete an und sprach: Was sagt mein Herr seinem Knecht? Josua 5,14

Josua, als Nachfolger von Moses, hat die Verantwortung für Gottes Leute. Nun steht er kurz davor, Jericho einzunehmen. Sein Denken ist gefesselt angesichts der kolossalen Aufgabe, um die seine Gedanken unablässig kreisen. Da trifft er auf einen Mann mit Schwert. In dieser heiklen Situation fragt er lediglich: Freund oder Feind? Nein, sagt der Mann, weder noch, ich bin der Chef über die Heerscharen Gottes. «Ziehe deine Schuhe aus! Dieser Ort ist heilig.» Der Mann mit Schwert ist der Erzengel Michael und verkörpert Gottes Gegenwart und seine Majestät. Was geschieht hier? Jedenfalls hat dieser Moment eine besondere Qualität.
Befinden wir uns vor einer schwierigen Aufgabe, sind wir voll von Gedanken, wie die Aufgabe zu lösen ist. Genau in diesem Augenblick tut sich Gottes Gegenwart auf, sie nimmt uns heraus aus der Besessenheit und dem Gedankenkreisen und stellt uns auf heiligen Grund. Die Beziehung zur Transzendenz tut sich auf. Um es bildhaft auszudrücken, mögen wir an einen schwer bewölkten Himmel denken, grau und undurchdringlich. Da kann es geschehen, dass sich eine Lücke auftut, das Licht hindurchstrahlt und gebündelt und hell auf die Erde strahlt. – Nun dürfen wir uns innewerden, dass all unser Tun und Trachten wegfallen darf und wir uns für einen Moment orten können in der Gegenwart Gottes. Ein Atemholen vor der Bewältigung einer Aufgabe.

Von: Kathrin Asper

13. Februar

Fragt nach den Wegen der Vorzeit, welches der
gute Weg sei, und wandelt darin, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele!
Jeremia 6,16

Schon Augustinus – 300 n. Chr. – sagte, dass unser Herz «unruhig» ist, «bis es Ruhe findet in dir».
Ruhe und inneren Frieden zu finden, ist eine uralte Sehnsucht des Menschen.
Ruhe finden wir auf «den Wegen der Vorzeit», «auf uralten Pfaden», wie es in der Zürcher Bibel heisst.
Früher war alles besser! Oft ertappe ich mich dabei, das zu denken oder es gar zu sagen. Dabei weiss ich, dass es ein Zeichen des Alters ist, so zu denken. Auf Altbewährtes zurückzugreifen, kann hilfreich sein. Und sich auf Gott zu besinnen und dabei Güte, Barmherzigkeit, Gerechtigkeit und Frieden im Auge zu haben, kann uns seelische Ruhe schenken, wenn uns der Stressmoloch des Alltags zu verschlingen droht. Die Rückschau verbindet uns auch mit unseren Wurzeln, was ausserordentlich wichtig ist. Wer verwurzelt ist, öffnet sich leichter der Zukunft.
Wenn wir in der Rückschau Ruhe finden, so können wir wieder Vertrauen fassen und vorwärtsgehen. Das Kirchenlied fasst es in tröstliche Worte:
«Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.»
Zwischen Rückbesinnung und Zukunftshoffnung kann sich gelingendes Leben einfinden.

Von: Kathrin Asper

12. Februar

Die Liebe sei ohne Falsch. Hasst das Böse,
hängt dem Guten an.
Römer 12,9

Echt hat die Liebe zu sein, nicht geheuchelt. Liebe lässt sich indes nicht befehlen, sie ist da oder sie ist nicht da. Auch lässt sich nicht befehlen, dass sich nichts Falsches in die Liebe mische. Mit anderen Worten und logisch gefolgert: Wenn wir keine Liebe fühlen, so lassen wir es besser. Wie begegnen wir dann dem Mitmenschen? Am besten, denke ich, mit Respekt, redlich und anständig. Das Böse sollen wir hassen. Ein schwieriges Gebot. Wissen wir immer, was böse ist? Wissen wir stets, wenn wir etwas Böses getan haben? Manchmal, aber nicht immer. Wir sind «böse von Jugend an», heisst es in der Bibel (1. Moses 8,21). Ob wir nun gut aus der Hand Gottes kommen, wie es im «Emile» von Jean-Jacques Rousseau heisst, und Böses erst im Laufe der Zeit ausbilden, oder ob das Böse integraler Bestandteil unserer Natur ist, Tatsache ist, dass es das Böse gibt – im Grossen und im Kleinen, zwischen Völkern, zwischen und in Menschen. Wenn wir aber Abbild Gottes sind, ist dann das Böse auch in Gott zu orten? Oder sind wir nur im Guten Abbild Gottes? Fragen über Fragen, mit denen sich manche klugen Köpfe über die Zeitläufe hinweg befasst haben.
Ich für mich halte es mit Marie Luise Kaschnitz und glaube, dass es den verborgenen Gott gibt, dem sie folgende Worte in den Mund legt:
«Ihr sollt in mir sehen / Einen von zweien / Und hinter meinen Worten / Unruhig horchen / Auf die andere Stimme.»
Dem Guten «anhängen», es immer und immer wieder versuchen, das bleibt.

Von: Kathrin Asper

3. November

Fällt euch Reichtum zu, so hängt
euer Herz nicht daran.
Psalm 62,11

An Geld, Besitz, am Materiellen, sollen wir nicht hängen, das
wurde uns beigebracht und wird auch immer wieder gesagt.
Und doch, wie anders geht es in der Welt zu. Man will
immer mehr, ganz schnell wird Altes durch Neues ersetzt.
Die Kartonschachteln häufen sich ins Unendliche, in denen
uns neu Bestelltes zugeschickt wird. Abfall türmt sich auf
und die Welt droht daran zu ersticken. Genug ist nicht
genug. «Schneller, schöner, besser, praktischer» ist unsere
Devise geworden, und munter schwimmen wir mit im Strom
dieser unseligen Wasser!
Mich macht es immer wieder froh, wenn ich eine alte
Schüssel meiner Grossmutter benutze, auch sie hat darin
schon den Kuchen angerührt. Auch finde ich es schön, wenn
irgendetwas Altes, das sich in meinem Haushalt findet, mich
mit der Geschichte von früher verbindet, mit den Menschen,
mit der damaligen Zeit. Ich muss es nicht ersetzen,
es lebt mit mir weiter, und ich kann es weitergeben. Das
mehrt unser Gefühl der Kontinuität, des Dazugehörens, des
Verankertseins.
Und es schmerzt mich, kränkt mich, wenn ich um die Ecke
höre, dass meine Grossnichte die silberne Toilettengarnitur,
die noch aus der Familie stammte und die ich ihr zur Konfirmation
schenkte, verkauft hat, um sich dafür etwas Neues,
Besseres zu kaufen! Doch die Jugend schaut nach vorn und
wir Alten sind rückwärtsgewandt.

Von: Kathrin Asper

2. November

Paulus schreibt: Richtet nicht vor der Zeit, bis
der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird,
was im Finstern verborgen ist, und das Trachten
der Herzen offenbar machen wird. Dann wird auch
einem jeden von Gott Lob zuteilwerden.
1. Korinther 4,5

Beim Lesen dieses Textes stolpere ich. Lese ich nur den ersten
Satz, so erwarte ich in der Folge, dass Schattenhaftes, Unliebsames
ans Tageslicht kommt. Lese ich dann den zweiten Satz,
ist das nicht so: Gutes wird offenbart und Gottes Lob wird
zugesagt. Ich muss gestehen, ich bin etwas verwirrt.
Der Akzent liegt offenbar auf der Mahnung, nicht vorschnell
zu richten, und ausserdem, dass richten nicht unsere
Aufgabe ist, sondern dass diese dem Herrn zukommt.
Das können wir uns zu Herzen nehmen. Es ist eine gültige
Lebensweisheit. Entsprechend wird der Text in der Regel
auch ausgelegt.
Lesen wir aber, dass Schattenhaftes und Unliebsames ans
Tageslicht kommen, dann sieht das ganz anders aus: Es ist
wichtig, dass wir, wenn wir eine nur gute Meinung von uns
haben, unseren Schatten erkennen lernen.
Dass wir lernen, uns anzunehmen mit unseren Beschränkungen
und unguten Seiten. Erst dann sind wir ganz, erst
dann lernen wir Bescheidenheit und Demut, erst dann überwinden
wir unsere Überheblichkeit. Wir müssen lernen, uns
selbst auszuhalten. Auf diesem Weg unterwegs, mag es uns
gelingen, andere nicht vorschnell zu richten.

Von: Kathrin Asper