Ich will ihnen ein anderes Herz geben und
einen neuen Geist in sie geben.
Hesekiel 11,19

In seiner zweiten Streitrede wendet der Prophet seinen Blick
den Verschleppten und Verbannten zu. Von ihnen sagen die
Bewohnerinnen und Bewohner Jerusalems so abschätzig wie
selbstgerecht, sie seien «fern vom Herrn» (Hesekiel 11,15).
Die Solidarität des Propheten gehört jedoch ebendiesen
Verstossenen, die «zerstreut worden sind» (Hesekiel 11,17).
Ihnen gilt das Versprechen Gottes, dass er sie sammeln und
ihnen festen Boden unter die Füsse geben wird.
Mit der Läuterung einher gehen ein anderes Herz und ein
neuer Geist. Das Herz meint den Sitz des Denkens des Individuums,
der Geist steht für die auf Gottes Gesetzen bauenden
Werte des Kollektivs. Die Erneuerung beginnt also beim
einzelnen Menschen und mündet in einer Gemeinschaft, die
sich auf den Gemeinsinn besinnt.
Als ein Echo ist der Zuspruch des Propheten auch im Lehrtext
aus dem Neuen Testament hörbar: «Gott hat uns nicht
gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der
Liebe und der Besonnenheit.» (2. Timotheus 1,7) Nicht in
der Angst vor Veränderung sollen die Menschen verharren,
sondern mit Mut und Gottvertrauen Grenzen überwinden
und zu einem Wandel beitragen, der dem Leben und dem
Frieden dient.

Von: Felix Reich