Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden
Gott schauen.
Matthäus 5,8

Dieser Lehrtext aus der Bergpredigt beschreibt einen Zustand,
der schwierig zu erfassen ist. Die Losung von heute
hilft vielleicht weiter, denn dort ist «Gott Israels Trost für
alle, die reinen Herzens sind«(Psalm 73,1). Ist somit selig sein
eine Verfassung, in der wir uns Gott mit unserem «ungetrösteten
» Leben anvertrauen und Trost erhalten (Matthäus
5,4)? Was aber heisst dann als Vorbedingung dieser
Seligkeit, ein reines Herz zu haben? Oft verbinden wir rein
sein mit Sauberkeit. Ein sauberes Herz ist eines ohne dunkle,
schmutzige, feindliche Gedanken. Solches Rein-Sein hat
einen Hintergrund, wie eine Fensterscheibe, die nach dem
Putzen Transparenz darstellt. Sie ist klar, wir können wieder
auf das schauen, was hinter der Scheibe ist. Uns ist das,
was hinter dem Herzen ist, bereits im Lehrtext gesagt: «Sie
werden Gott schauen.» Gott also, schaubar mit dem ausgerichteten
Herzen, Gott im Blick auf die Realitätsnähe unseres
Herzens. Ein reiner Mensch kapselt sich nicht ab, macht
nicht die Augen zu, will nicht nur ungestört auf Gott blicken
können. Hunger, Krieg, Hass, Mobbing, Übergriffigkeit: Übel
und Widrigkeiten, die – durchsichtig auf Gott hin – das reine
Herz anzugehen lernt. Selig sein bedeutet für mich dann,
sein Herz dieser Transparenz auszusetzen und aus der daraus
folgenden Erkenntnis des Willens Gottes das Leben in aller
eigenen Begrenztheit zu gestalten.

Von: Gert Rüppel