Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Rechtschaffenheit, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung. Galater 5,22–23

Als ich begann, diesen Paulustext auf mich wirken zu lassen und mir Gedanken dazu zu machen, kam mir dieser Vers verblüffend vertraut vor. Dieser Reigen an menschenverbindenden Tugenden und Gemütszuständen weckte weiche, angenehme Gefühle in mir – mit Ausnahme vielleicht der «Selbstbeherrschung», die etwas altmodisch daherkommt. Und schon wollte ich etwas darüber schreiben, dass auch uns, die wir nicht so bibelfest sind und viele Jahrhunderte nach dem Verfassen der Testamente leben, das Göttliche und seine «geistigen Früchte» nahe erscheinen. Doch dann merkte ich zufällig, dass mir bereits letztes Jahr für einen anderen Tag genau dieser Text zugelost worden war. Das berührte mich und stellte eine ganz besondere innere Verbindung zu diesem Vers her. Und plötzlich beschäftigten mich die Unterschiede von einst und heute. Dabei wurde mir bewusst, wie die Bibel aus ihrer Zeit gelesen immer eine neue Aktualität gewinnt. Denn bei der Lektüre dieses Mal kommen mir diese Tugenden noch viel schützenswerter vor, weil sich die Welt inzwischen noch mehr ins Gegenteil verwandelt hat. Lasst uns daran arbeiten, dass wir die Paulusworte an die Galater sorgsam in uns immer wieder aufsagen und sie dort wirken lassen, wo wir zusehen müssen, wie sich die Menschheit in eine andere Richtung entwickelt.

Von: Esther Hürlimann