Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon. Psalm 90,10

Dass die Tage kürzer zu werden scheinen mit zunehmendem Alter und dass die Jahre schneller dahinflögen als früher, gehört auch heute zum festen Bestand der wiederkehrenden Klage von Menschen jenseits der Pensionierung. Und dass so viel Lebenszeit vor lauter Arbeiten und Mühen ungenutzt davongelaufen sei … «Mühsal und Trug» gar sei sie, übersetzt die Zürcher Bibel. Als ein Mensch in genau der hier genannten Lebensphase kenne ich dieses Klagen gut – weiss aber auch tief im Herzen, dass das undankbar ist: Es gab so unendlich vieles, was einzigartig, grossartig, geschenkt, wunderbar war (und weiterhin ist!). Natürlich denke ich oft, was noch viel besser und ruhiger und schöner hätte gemacht werden können, wenn nicht so viel anderes ebenfalls auf die Realisierung gewartet hätte. Aber: Meistens habe ich selber die Entscheidung darüber getroffen, was jetzt gerade am wichtigsten sei. Die Klage über «das Leben» wird dann eigentlich zur Klage über meine falschen Prioritäten. Mit denen muss ich leben …, aber mit dem vielen anderen darf ich leben! Darf ich mich über das freuen, was war – und was noch kommen kann und kommen wird! Denn mein Leben ist mein Gottesgeschenk. Dafür bin ich dankbar. Darauf möchte ich mein Augenmerk richten – ganz besonders darauf!

Von: Hans Strub