HERR, erhebe dich in deiner Kraft,
so wollen wir singen und loben deine Macht. Psalm 21,14
So ist sie, die dialogische Existenz mit Gott. Tu was, dann wollen
wir auch! Die Psalmen sind ja an sich schon faszinierende
Beispiele für gelebten, oft fordernden Glauben. Aber dieser
Vers ist erst recht ein Ausdruck von Gewissheit, Erwartung,
Forderung und Antwortbereitschaft in der Beziehung von
Mensch und Gott. Da ist die kriegerische Notsituation, aus
der dem Volk durch sein Vertrauen auf Gott herausgeholfen
wird. Da ist die Erwartung, ja Forderung: Herr, erhebe dich
aus deiner Kraft, dann …
Dieses Wenn-dann, scheint mir, vertraut in die eigene Glaubenspraxis.
Die beim Psalmisten ausgedrückte Gewissheit,
dass es zu göttlichem Eingreifen in die Geschichte kommt, ist
mir und vielen meiner Mitmenschen fremd oder erscheint
gar konstruiert.
Mache ich ein mir genehmes politisches oder gesellschaftliches
Ereignis passend, wenn ich das Ergebnis so deute, dass
Gott sich in seiner Kraft erhoben und Einfluss genommen
hat? Ist politisches Handeln dann ein Handeln, das wir als
göttlich gesteuert begrüssen, wenn es uns genützt hat?
Vielleicht aber soll uns der Text in seinem Kern auf die
Macht verweisen, die dem Schwachen zur Hilfe kommt,
wenn er auf Gott und seine Wirksamkeit vertraut.
Von: Gert Rüppell