Gott, wir haben mit unsern Ohren gehört, unsre Väter
haben’s uns erzählt, was du getan hast zu ihren Zeiten,
vor alters.
Psalm 44,2

Kürzlich sass ich mit meiner Frau im Zug; fasziniert und
dankbar beobachteten wir eine junge Familie im Viererabteil
nebenan: zwei Kinder, eine Frau, ein Mann. Das wäre an
sich nicht auffällig, sondern entspräche dem Bild, das lange
von der Schweizer «Normalfamilie» gezeichnet wurde. Es
faszinierte uns, dass und wie diese beiden Erwachsenen mit
den Kindern im Gespräch waren und ihnen Geschichten
erzählten. Wir waren glücklich darüber, dass die Kinder nicht
mit digitalen Konserven abgespeist wurden und dass die
Eltern ihnen ihre Aufmerksamkeit widmeten und nicht ihren
Smartphones.
Unser Psalmwort kann seine Herkunft aus der patriarchalen
Tradition nicht leugnen. Die Forschung kann belegen,
welch entscheidende Rolle Mütter und Grossmütter bei der
Weitergabe des Glaubens spielen. Erzählend säen sie den
Samen, der hoffentlich die Frucht des Vertrauens wachsen
lässt, die dem Leben Boden und Ziel gibt.
Die «Krise der Kirchen», die wir feststellen und mit der wir
umgehen müssen, ist verbunden mit einer «Krise des Erzählens
». Dankbar bin ich für alle, die Worte suchen und finden,
um das zur Sprache zu bringen, was sie als Gottes Handeln in
ihrem Leben, in der Welt und ihrer Geschichte wahrnehmen.

Von: Benedict Schubert