Der HERR sprach zu Mose: Versammle mir das Volk,
dass ich sie meine Worte hören lasse und sie mich
fürchten lernen alle Tage ihres Lebens auf Erden und
ihre Kinder lehren.
5. Mose 4,10

Was sind es für «Worte», mit denen Gott sich an sein Volk
richten will? Auch wenn alles in dieser biblischen Passage
nach Grossem und Gewichtigem klingt: Ich glaube, es sind
keine Worte «von heiliger Ordnung, von ewiger Wahrheit,
reiner Lehre und Enge in der Brust» gemeint, sondern es
geht um «Weite und Wind». So formuliert es Jacqueline
Keune in einem Gedicht in ihrem neuen Band «Es werden
wieder Tage sein».
Bei Gott oder «am Anfang», wie sie weiterschreibt, sind
«nirgendwo abgelaufene Silben, abgedroschene Phrasen,
sondern eben erst zur Welt gekommene Worte»; diese
seien lebensgefährlich, sie zielten mitten ins Herz. Und was
beschreiben diese Worte wohl? Ich schliesse mich der Vermutung
von Jacqueline Keune aus demselben Gedicht an:
Inhalte werden «Gerechtigkeit und Friede, die sich in den
Armen liegen, die grossen Taten Gottes – Auszug und Aufstand
–, die Stadt aus Licht in allen Mundarten und Muttersprachen
» sein.
Das klingt nach einer Gegenerzählung zu den breitspurigen
und alles plattwalzenden Worten der Herren unserer
Tage, die ebenfalls den Anspruch haben, zum «Volk» zu
sprechen.

Von: Matthias Hui