Gott spricht zum Frevler: Was redest du von
meinen Geboten und nimmst meinen Bund in
deinen Mund, da du doch Zucht hassest und
wirfst meine Worte hinter dich?
Psalm 50,16–17

Wie von einem Propheten hört man im Psalm ein Gotteswort
in direkter Rede. Was ist ein rechter Gottesdienst? Was
ist ein guter Umgang mit den göttlichen Geboten? Zwar
sollen die Israeliten viel von ihnen reden (5. Mose 6,7). Aber
ebenso wichtig ist die Frage, ob sie auf den Alltag eine Auswirkung
haben. Der eine kann ein Wort im Mund führen –
und es dann doch hinter sich werfen, sodass es wirkungslos
liegen bleibt. Dann tritt er zwar wie ein frommer Mensch
auf, ist aber eigentlich das genaue Gegenteil: ein Frevler, ein
Bösewicht. So sagt es der Zwischentitel, der vermutlich später
eingefügt wurde. Der andere geht so mit einem Bibelwort
um, dass er bestrebt ist, von ihm etwas zu lernen. Das ist
das positive Anliegen des Losungsverses. Der altertümliche
Ausdruck «Zucht» ist heute schwer verständlich. Zugänglicher
ist der Begriff, der in der griechischen Bibelübersetzung
gebraucht wird: paideia. Es geht um Erziehung, Bildung,
Unterweisung im Feld der Ethik. Im Leben soll ein Lernprozess
stattfinden, der das Verhalten prägt. Die folgenden
Psalmverse beziehen sich auf die Gebote im zweiten Teil der
Zehn Gebote. Sie halten Werte fest, die für das Verhältnis zu
den Mitmenschen grundlegend sind.

Von: Andreas Egli