Recht muss doch Recht bleiben, und ihm
werden alle frommen Herzen zufallen. Psalm 94,15
Auf den ersten Satz fällt – noch vor dem theologischen –
mein juristischer Blick. In dieser Übersetzung ist mir die
Aussage zu banal. Gemeint muss sein, dass Recht nicht zu
Unrecht werden darf oder umgekehrt, wie es die Zürcher
Bibel treffend ausdrückt: «Zur Gerechtigkeit wird zurückkehren
das Recht …»
Dieser aktive Ansatz gefällt mir. Recht hat Gerechtigkeit
herzustellen. Und wie geschieht das? Auch hier verfolgt die
Zürcher Bibel den aktiven Ansatz. Recht fällt nicht einfach
zu, sondern «Alle werden ihm folgen, die aufrichtigen Herzens
sind». Um Gerechtigkeit herzustellen braucht es also zwei
Dinge: Menschen, die das Recht befolgen und sich engagieren,
die das Unrecht bekämpfen, sowie aufrichtige Herzen, also
eine menschenfreundliche, einfühlsame Gesinnung. Für die
Gerechtigkeit muss man sich einsetzen. Frömmigkeit in Ehren,
aber es braucht Menschen, die sich exponieren und auch
bereit sind, Kritik einzustecken und Widerstände zu überwinden.
Was bezeugt das besser als das Wirken Jesu, von dem die
Evangelien erzählen? Es fing damit an, die damals Rechtlosen
überhaupt als Menschen wahrzunehmen, ihnen zu begegnen
und sie zu versorgen; den von Räubern Verletzten zum Gasthof
zu bringen und dem Wirt gar Kostgeld zu geben.
Wo und wie können wir uns für Recht und Gerechtigkeit
einsetzen? Wer sind die Bösen und die Übeltäter? (Vers 16)
Von: Bernhard Egg