Herr, gib mir dieses Wasser, damit mich nicht dürstet und ich nicht herkommen muss, um zu schöpfen! Johannes 4,15
Ich könnte stundenlang auf dem Brunnenrand sitzen. Ihm zuhören und ihn um Wasser bitten. Um jenes Wasser aus der Tiefe. Ich würde ihm von meiner Sehnsucht nach Leben erzählen. Wie meine Seele voll Verlangen wie der Hirsch nach frischer Quelle schreit. Stundenlang könnte ich so sitzen. Meine ich. Und ärgere mich schon wieder über die kleinste Kleinigkeit. Ich werde ungeduldig auch mit mir. Es ist zum Davonlaufen. Damit ich dennoch bei mir bleiben kann, lese ich manchmal diesen Text von Franz von Sales, der von 1567 bis 1622 gelebt hat:
Wenn dein Herz wandert, bring es behutsam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart deines Herrn. Und wenn du in deinem Leben nichts anderes getan hast, ausser dein Herz zurückzubringen, obwohl es dir jedes Mal wieder fortlief, dann hast du dein Leben wohl erfüllt.
Manchmal gelingt es. Ich sitze wieder auf dem Brunnenrand. Und ich höre ihm zu. Und ich bitte ihn um Wasser. Um dieses lebendige Wasser aus der Tiefe. Und manchmal sitzt einer an meiner Seite. Sein Name ist Franz. Er lächelt mir zu und nimmt meine Hand. So sitzen wir schweigend. Und hören die Quelle.
Von: Ruth Näf Bernhard