Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte
zurückbringen und das Verwundete verbinden und
das Schwache stärken. Hesekiel 34,16

Gewisse Berufe kennen eine Selbstverpflichtung. Das kann so
aussehen: Die Berufsleute formulieren als Verein oder Gilde
ihr Ethos, bekunden ihre Absicht, bekennen sich zu ihren
Werten und leisten einen Eid. Daran erinnert die Losung.
Sie enthält als Kernaussage ein göttliches Berufsethos. Gott
kleidet seine Willenskundgebung in ein berufliches Sprachgewand
und verpflichtet sich, seine Regentschaft wie ein
guter Hirte zu versehen. Das Gotteswort verwendet ein Bild,
das im Alten Orient gerne für Regenten verwendet wurde.
Warum gerade dieser Beruf? Warum ausgerechnet dieses
Bild? Damit die ersten Hörerinnen und Hörer verstehen. Sie
sind nämlich keine Herde mehr, sehen keine grüne Aue und
keinen frischen Quell vor sich. Sie sind buchstäblich zerstreut
und damit, als vereinzelte Schafe, tödlichen Gefahren
ausgesetzt. Hat der göttliche Hirte seinen Job nicht getan?
Schwierige Frage! Die Antwort ist kompliziert. Sie führt uns
hinein in die Geschichte der Selbstverirrung Israels und das
Versagen seiner menschlichen Hirten. Was unweigerlich
neue Fragen aufwirft: Hat denn der göttliche Oberhirte die
menschlichen Berufshirten nicht im Griff? Darüber könnte
man durchaus ins Grübeln kommen. Oder sich darauf verlassen,
was der Wille Gottes ist. Schliesslich hat er einen Eid
geleistet.

Von: Ralph Kunz