Am Tage sendet der HERR seine Güte, und des Nachts
singe ich ihm und bete zu dem Gott meines Lebens.

Psalm 42,9

Der Psalmvers passt zum Sonntag! Was der Beter sagt,
hört sich an wie ein Radioprogramm. Tagsüber ist Gottes
Güte auf Sendung und in der Nacht ist Musik angesagt.
Schön beschaulich und erbaulich. Aber leider ist es nicht so
gemeint. Hier klagt einer bitterlich. Jetzt ist Nacht. Er ist am
Singen und eine Strophe seines Songs geht so: «Was betrübst
du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf
Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit
seinem Angesicht.» Wir hören einem Bluessänger zu, der
sich selbst Mut zuspricht. Für ihn ist nicht Sonntag, für ihn
ist Alltag. Und doch hält er sich an den Gott seines Lebens.
Ich bin dem Sänger dankbar, hat er sein Elend nicht für sich
behalten und seinem Schmerz Ausdruck verliehen. Ob ihm
bewusst gewesen ist, dass er uns einen Trost schenkt? Vielleicht!
Was mich tröstet, ist diese wunderbare Wendung
«Gott meines Lebens». Sie erinnert mich an eine Liebeserklärung.
Sagte nicht jemand vor Jahren einmal zu mir: «Du
bist der Mann meines Lebens»? Es ist nur ein Vergleich! Die
«Frau meines Lebens» betet mich nicht an … Aber letztlich
lebt auch der Glaube von der gegenseitigen Liebe. Und die
ist auch bei unserem Bluessänger noch am Leben. Wenn das
keine Sonntagsbotschaft ist …

Von: Ralph Kunz