Meine Seele hängt an dir; deine rechte Hand hält mich.          Psalm 63,9

Jüngere Menschen benutzen für «entspannen» ein Wort, das ich in meiner Jugend nicht kannte. Sie «hängen ab». Kennen Sie nicht? Easy! Das ist wie «chillen» oder «relaxen»! Man nimmt es locker. Ob der Psalmist seine Gottesbeziehung auch so entspannt sieht?

Wohl kaum! Er hängt nicht, er hängt sich rein und ran. Das Sich-an-Gott-Hängen der Seele ist Ausdruck einer existenziellen Anhänglichkeit, die eine innigste Verbindung sucht. Es ist ein Bild des Vertrauens. Mit Hängematten-Gelassenheit hat das wenig gemein. Und doch ist eine Vertrautheit in diesen Worten, die frei und froh macht. Der Psalmist stellt seinen Hang zu Gott in den Zusammenhang der Seele mit Gott. «Deine rechte Hand hält mich» drückt aus, dass die Seele des Beters «entspannt» sein darf. Unter «Seele» darf man sich nicht den ätherischen Silberschleier in uns vorstellen, der unsterblich und edel vor sich hinwabert. Die Seele ist nicht Geistleib, sondern der nimmersatte Schlund, das Saugorgan des Lebens, der luftgierige Hals, der nach Luft schnappt. Wie muss man sich eine Seele vorstellen, die sich Gott anhängt?

Ich stelle es mir so vor: Wenn meine Seele an Gott hängt und von Gott gehalten wird, ist sie ganz bei sich selbst und doch nicht allein. Mit einem anderen Wort: Sie ist glücklich!

Von Ralph Kunz