Sammle meine Tränen in deinen Krug; ohne Zweifel, du zählst sie.       Psalm 56,9

Es sind Tränen der Angst vor den Feinden, Tränen der Verzweiflung, Tränen der Anfechtung, Tränen der Hoffnung auch, denn Gott sammelt sie. Die Zürcher Bibel übersetzt:
«Meine Tränen sind verwahrt bei dir.» Und doch bleibt bei allem Hoffen auf die Lebendige die Situation angespannt. Tränen befreien. Wenn die Tränen bei Gott aufgehoben sind, ja sogar gesammelt werden, werden sie leichter, werden sie Teil von mir und gleichzeitig Teil eines Grossen, Geheimnisvollen.

Wenn ich in unsere Welt schaue, dann gibt es unzählige Gründe, Tränen zu vergiessen, und ich frage mich, weshalb ich so wenig weine. Schäme ich mich? Werden meine Tränen missverstanden, eingestuft als etwas, das anderen weh tut? Habe ich vergessen, dass die Lebendige nicht einfach Trost spendet, sondern die Tränen als etwas aufnimmt, das Sinn macht?
In Vers 11 preist der Psalmschreiber Gott, preist sein Wort. In den Tränen ist beides vorhanden: die Angst, die Trauer und die Zuwendung zu Gott, der Lebendigen. Daraus entstehen Kraft, Zuversicht und Hoffnung, «damit ich wandle vor Gott im Licht des Lebens» (Vers 14).

Bitte sammle meine Tränen und hilf, dass wir Kraft erhlaten für unser Gebet um Frieden und Gerechtigkeit.

Von Madeleine Strub-Jaccoud