Was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? Markus 8,36

Nicht einmal der Gewinn der ganzen Welt wiegt den Verlust der Seele auf. Oder wie die Zürcher Bibel übersetzt: den Verlust des Lebens. Es ist eine in ihrer Radikalität und in der Ausrichtung auf das Jenseits unzeitgemässe Nachfolge, die Jesus hier verlangt: «Wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, wird es retten.»

Daraus einen Aufruf zum weltabgewandten, allein auf das individuelle Seelenheil ausgerichteten Martyrium abzuleiten, erscheint hingegen als ein Missverständnis. Der Passionsweg, den Jesus geht, ist kein Selbstzweck. Der leidende, mitleidende Gott führt die Gewalt, welche die Welt im Griff hat, in die Sackgasse. Gott stellt sich derart bedingungslos an die Seite der Opfer, dass er selbst zum Opfer wird. Die Frage, ob diese Nachfolge politisch sei, ist somit genauso rhetorisch wie die Frage Jesu nach der beschädigten Seele.
«Das ist das Ende. Für mich der Beginn des Lebens.» Die als letzte Worte von Dietrich Bonhoeffer überlieferten Sätze klingen wie ein Echo auf die auf die heutige Losung. Der Theologe ergab sich Gott ganz und schöpfte daraus die Kraft zum Kampf gegen ein lebensfeindliches System. Als Nachfolger Jesu leistete er Widerstand «um des Evangeliums willen».

Von Felix Reich